Faser/Festkörper-Kopplung: Stabile Diskretisierungsverfahren

28 Februar 2024

Dr.-Ing. Matthias Mayr und Prof. Dr.-Ing. Alexander Popp, Professur für Computergestützte Simulation im Bauingenieurwesen am Institut für Mathematik und Computergestützte Simulation, Fakultät für Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften, haben das Projekt „Stabile Diskretisierungsverfahren und skalierbare Gleichungslöser für eingebettete Faser/Festkörper-Kopplung" bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingeworben.

Laufzeit: 01.11.2023 bis 31.10.2026
Förderung: DFG-Sachbeihilfe – Deutsche Forschungsgemeinschaft e. V. (DFG)


Faserverstärkte Strukturen und Systeme spielen in vielen Anwendungen eine zunehmend wichtige Rolle. Eingebettete Fasern können sowohl die mechanischen als auch funktionalen Eigenschaften eines Bauteils oder Systems verbessern. So erhöhen beispielsweise kurze Stahlfasern die Zug-, Schlag- und sogar Nachbruchfestigkeit von Betonbauteilen. Weitere Anwendungen finden sich in Leichtbaustrukturen in der Luft- und Raumfahrttechnik oder in medizinischen Geräten.

Zur Quantifizierung des Einflusses dieser Faser auf das Systemverhalten sowie zu dessen Vorhersage und Optimierung ist ein detailliertes Verständnis der Wechselwirkung der Fasern mit dem umgebenden Festkörper unerlässlich. Bislang kann das Verhalten einer einzelnen Faser sowohl experimentell als auch durch voll aufgelöste Simulationsmodelle bestimmt werden. Sollen jedoch Systeme mit mehreren oder gar vielen Fasern analysiert werden, stoßen bestehende Simulationsmethoden an ihre Grenzen. Abhilfe schaffen hier gemischt-dimensionale Modellierungsansätze, die bei vergleichbarer Modellqualität die Größe des Simulationsmodells drastisch reduzieren und damit auch die Analyse von Systemen mit tausenden eingebetteten Fasern ermöglichen. Dabei wird der Festkörper weiterhin als Volumen betrachtet, während die eingebetteten Fasern durch dünne Balken modelliert werden. Somit werden die Vernetzung des Volumen- und des Fasermodells voneinander entkoppelt. Im numerischen Modell erfolgt die Kopplung dann durch Embedded-Mesh-Verfahren. Bisher werden die Kopplungsbedingungen mit sogenannten Penalty- Methoden eingebracht, welche Abweichungen von der exakten Kopplung bestrafen.

Penalty-Methoden sind konzeptionell einfach zu implementieren, haben aber mathematische Nachteile wie die ungenaue Erzwingung von Nebenbedingungen und stellen die Lösungsalgorithmen vor große Herausforderungen. Genau dort setzt das vorgeschlagene Forschungsprojekt an: Durch die Verwendung von Lagrange-Multiplikatoren zur Einbringung von Nebenbedingungen können die Kopplungsbedingungen exakt erfüllt und mathematische Unzulänglichkeiten und die schlechte Konditionierung von Penalty-Verfahren vermieden werden.

Die Diskretisierung des Lagrange-Multiplikator-Feldes erfordert jedoch besondere Aufmerksamkeit sowie geeignete Lösungsverfahren. Dieses Projekt wird stabile und robuste Diskretisierungsverfahren für Lagrange-Multiplikatoren für gemischt-dimensionale Faser/Festkörper-Kopplung liefern. Durch Anreicherung mit mechanischem und Diskretisierungswissen werden neuartige und maßgeschneiderte Multilevel-Löser und Block- Vorkonditionierungsmethoden für Systeme mit gemischt- dimensionaler Faser/Festkörper-Kopplung entwickelt. Diese geschickte Kombination von physikalischem Wissen mit Numerik und Simulationstechnik wird es ermöglichen, realistische Systeme effizient und skalierbar auf modernen parallelen Hochleistungsrechnern zu analysieren. Dies wird die Tür zu weiteren Analysen (z. B. Quantifizierung von Unsicherheiten oder Optimierungsproblemen) öffnen.


Bild: © gettyimages/wacomka