NCT Europe Conference: Gemeinsam die Welt sicherer machen

27 Mai 2022

Vom 23. bis 25. Mai 2022 fand auf dem Gelände der Universität der Bundeswehr München die internationale NCT (Non-Conventional Threat) Europe Conference statt. Zu Gast waren rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus über 30 Nationen.

Die NCT Europe verbindet die europäischen und internationalen Expertinnen und Experten aus zivilen und militärischen Einheiten zur ABC-Abwehr (atomar, biologisch, chemisch; engl.: CBRNe: chemisch, biologisch, radiologisch, nuklear, explosiv) sowie der Kampfmittelbeseitigung (engl. EOD, Explosive Ordnance Disposal).

Die Universität der Bundeswehr München war in einer Gastgeberrolle für die Veranstalter der Konferenz vertreten. Neben Fachvorträgen und Diskussionsrunden im Audimax ging es in der benachbarten Sporthalle bei einer Fachmesse an vielen Unternehmensständen um die neueste Technologie im Katastrophenschutz. Dort wurde auch das Projekt FORMATEX23 (Full Operational Response to Major Accidents Triggered by natural hazards – Full Scale exercise 2023) vorgestellt, an dem die Professur für Wissensmanagement und Geschäftsprozessgestaltung als Konsortialpartner beteiligt ist. Bei FORMATEX23 handelt es sich um ein Projekt, das vom europäischen Katastrophenschutzverfahren (UCPM) finanziert wird und als Vorhaben zur Fähigkeitenentwicklung im Bereich der ABC-Gefahrenabwehr mehrere Seminare und Workshops sowie eine Stabsrahmenübung und eine Großübung beinhält. Parallel zur Messe fanden auch Workshops für das Fachpublikum statt, bei denen u.a. Dekontamination und medizinische Versorgung mit aktuellster Technik getestet werden konnten.

Wissenstransfer von großer Bedeutung

Die Konferenz wurde von den Organisatoren Anna Paternnosto, Vizepräsidentin der CBRNe Society und Ilja Bonsen, Managing Director des Veranstalters IB Consultancy im Audimax der Universität eröffnet. Der Vorsitzende der NCT, Retired BrigGen William King, übernahm anschließend die Moderation für die folgenden Konferenztage und begrüßte die Gäste im Publikum. Stellvertretend für die Präsidentin der Universität der Bundeswehr München hielt Prof. Eva-Maria Kern, Vizepräsidentin für Forschung, Wissenschaftlichen Nachwuchs und Nachhaltige Entwicklung sowie Wissenschaftliche Direktorin und Sprecherin des Zentrums für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr, dtec.bw., ein Grußwort und stellte die Besonderheiten des Veranstaltungsortes für das internationale Publikum vor. Die Kombination der drei Säulen Konferenz, Messe und Workshops spiegle auch das Selbstverständnis der Universität wider, die neben Forschung und Lehre großen Wert auf den Wissenstransfer in die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik lege. Daher freute sich Prof. Kern besonders über die Gelegenheit, die NCT Europe mit ihren hochrangigen Gästen aus der ganzen Welt auf dem Campus begrüßen zu dürfen.

Auch Dr. Wendin Smith, Direktorin des NATO-Zentrums für Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen (ACDC), Brigadegeneral Thomas Hambach, Kommandeur des Landeskommando Bayern, und Brigadegeneral Dae-Wee Lee, Commander der ABC-Abwehr der Südkoreanischen Armee, begrüßten die Gäste im Audimax und stimmten auf die kommenden Tage ein.

„Better together“ – Konferenz für gemeinsame technologische Lösungen

Sie alle stellten die Konferenz in den Kontext der zurückliegenden zwei Jahre mit einer Pandemie und appellierten an die Anwesenden, die Gefahren einer weiteren weltweiten Pandemie nicht zu missachten. Zusammen sollten die Nationen daran arbeiten, vorbereitet zu sein und zukünftige Gefahren abzuwehren. Gemäß dem Motto der Konferenz „Making the world safer and more secure“ ging es auf dem Campus um die Vorbereitung und Zusammenarbeit zwischen Forschung, Wirtschaftsunternehmen und den Nutzerinnen und Nutzern der Technologien in Rettungseinsätzen der Zukunft. Auch der aktuell von Russland geführte Angriffskrieg in der Ukraine zeigt die Notwendigkeit der Konferenz erschreckend aktuell auf.

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Prof. Carlo Masala bei seinem Vortrag auf der Konferenz (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)

Nuklearer Tabubruch

Im Audimax beleuchtete eine sechsköpfige Expertenrunde CBRNe-Gefahren im Kontext des Russland-Ukraine-Szenarios durch kurze Impulsvorträge. Darunter war auch Prof. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München, der darüber sprach, wie wahrscheinlich der Einsatz nuklearer Waffen durch Russland und der damit verbundene Bruch eines nuklearen Tabus ist. Laut Masala sei der Einsatz strategischer nuklearer Waffen sehr unwahrscheinlich. Dazu gehört der Einsatz von ICBMs (Interkontinentalraketen), um bestimmte Ziele in den USA anzugreifen und der Einsatz von ballistischen Mittelstrecken-Raketen, um bestimmte Ziele in NATO- und EU-Ländern anzugreifen. Russland würde damit einen vollwertigen Krieg nuklearer Dimension mit den USA und der NATO eingehen. Vor dem Hintergrund, dass beide Seiten eine Zweitschlagfähigkeit besitzen, wäre das ein Krieg, bei dem es am Ende des Tages keinen Sieger gäbe: „Das macht nur Sinn, wenn man Wladimir Putin als hochgradig irrationalen suizidalen Akteur betrachtet. Was ich nicht tue.“ Masala zufolge zeige der ganze Krieg bislang, dass Putin ein extrem rationaler Akteur sei, der ein Interesse am physischen Überleben Russlands und an seinem eigenen Überleben habe. Ein wahrscheinlicheres Szenario sei dagegen der Einsatz taktischer nuklearer Waffen, wozu der Einsatz von Kurzstrecken-Raketen zählen würde.

 Eskalation zur De-Eskalation

Käme es zum Einsatz taktischer nuklearer Waffen hält Masala es für unwahrscheinlich, dass Putin diese als sogenannten „battlefield-weapons“ (Gefechtsfeldwaffen) einsetzt, zum Beispiel im Donbas. Stattdessen sei es wahrscheinlicher, dass Russland in seiner nuklearen Strategie Eskalation zur De-Eskalation nutzt. Das heißt, Russland könnte kleine nukleare Geräte in großer Höhe in einer unbevölkerten Gegend detonieren lassen. „Anstatt das als Kriegswaffe zu nutzen, wäre es eine Waffe, um dem Rest der Welt zu zeigen: Russland ist bereit zur Eskalation, um westliche Länder, die NATO und die USA darin zu stoppen, die Ukraine mit militärischen Mitteln zu unterstützen.“

Nach Prof. Masalas Vortrag gingen die anderen Experten auf weitere Aspekte von CBRNe-Bedrohungen ein, etwa auf medizinische Herausforderungen bei einem nuklearen Angriff, auf den Stellenwert neu aufkommender Technologien in diesem Kontext oder auf die Bedeutung von Abschreckung.

Die Konferenz endete nach drei Tagen mit einem Abschlussplenum und der Verleihung der Zertifikate an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des NCT Pro Trainings im Audimax. Abschließend bedankten sich die Organisatoren Anna Paternnosto und Ilja Bonsen noch einmal herzlich bei der Universität der Bundeswehr München für die Möglichkeit der Durchführung der diesjährigen Konferenz am Standort in Neubiberg und für die Nutzung der verschiedenen Austragungsorte während der mehrtägigen Veranstaltung.


Titelbild (v.l.n.r.): Ilja Bonsen, Prof. Eva-Maria Kern, BrigGen Thomas Hambach, Dr. Wendin Smith, BrigGen Dae-Wee Lee, Retired BrigGen William King, Anna Paternnosto (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)