Marcus Wohler hat Luft- und Raumfahrttechnik an der Universität der Bundeswehr München studiert.
Heute ist er beim Systemunterstützungszentrum der Bundeswehr und Team Manager bei Hensoldt.

 

Kognitive Automation zur funktionalen Redundanz in sicherheitskritischen Flugführungssystemen

Die Dissertation beschäftigt sich mit der Konzipierung, Entwicklung und Erprobung eines kognitiven Software-Agenten in der Rolle eines Assistenzsystems an Bord eines Remotely Piloted Aircraft Systems (RPAS). Die Besonderheit, das Assistenzsystem an Bord des unbemannten Luftfahrzeugs, und nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, in der Bodenstation zu platzieren, wurde bewusst gewählt, um die Bordsysteme, für den Fall eines Verlusts des Datenlinks oder anderer technischer Probleme, um eine Komponente funktionaler Redundanz mit Entscheidungsfähigkeit zu ergänzen. Dabei bestand die technisch-wissenschaftliche Herausforderung darin, den kognitiven Agenten in die Lage zu versetzen, in zwei unterschiedlichen habituellen Modi arbeiten zu können, als assoziativer und als substituierender Assistent. Bei der Entwicklung des Agenten wurde auf die am Institut für Flugsysteme entwickelte kognitive Architektur COSA² [Dissertation Brüggenwirth, 2014] zurückgegriffen. Die zentralen Aspekte der hier vorgelegten Arbeit sind:

  1. die Konzipierung und Entwicklung von Agenten-Funktionalitäten zur Unterstützung des Piloten eines RPAS in einer MALE-Mission (Medium Altitude, Long Endurance) sowie zur temporären vollautomatischen Flugführung des RPAS im Falle von Systemausfällen zur sicheren Beendigung der Mission;
  2. die Integration der Funktionalitäten in eine repräsentative Simulationsumgebung und die ingenieurmäßige Erprobung mit Operateuren der Bundeswehr sowie die Integration repräsentativer Teilfunktionen in einen Flugversuchsträger der Naval Postgraduate School (NPS), Monterey, CA, USA und deren Erprobung im Flugversuch;
  3. die Diskussion bezüglich des Einsatzes kognitiver Agenten in sicherheitskritischen Systemen unter Zulassungsbedingungen.

Die Dissertation beschreibt dazu die technischen und konzeptionellen Grundlagen zum Flugbetrieb von RPAS, zu Fehlertoleranz und Redundanz, zu Automatisierungskonzepten, kognitiven Assistenzsystemen und Teamarbeit. In der Konzeptfassung liegt der Schwerpunkt auf kognitions- und softwareergonomischen Gesichtspunkten. Schließlich wird die Implementierung Integration und Erprobung eines lauffähigen Prototyps vorgestellt.

Die zentralen wissenschaftlichen Ansprüche der Dissertation sind:

  1. Aufzeigen eines Methodenansatzes zur Realisierung eines interaktiven Assistenzsystems mithilfe wiederverwendbaren Wissens in einer kognitiven Systemarchitektur, welche primär zunächst auf die Entwicklung autonomer, rationaler Agenten abzielt;
  2. Nachweis der Funktionsfähigkeit des adaptiven Umschaltens zwischen zwei habituellen Modi des Agenten an Bord des Luftfahrtzeugs im Fluge;
  3. Diskussion der Nutzbarkeit kognitiver Automation in sicherheitskritischen Systemen und damit Leisten eines wichtigen Beitrags zur Objektivierung der Debatte.

Damit wird in dieser Dissertation erstmals ein Vorgehensmodell zur konkreten Realisierung kognitiver Automation in RPAS vorgestellt.

Promotionsausschuss:

Vorsitz:  Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Alexander Lion

1. Berichterstatter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Axel Schulte

2. Berichterstatter: Prof. Dr.-Ing. Dirk Kügler (Institut für Flugführung, DLR Braunschweig)