Herausforderung

Die Zusammenarbeit zwischen Menschen und Automation gehört seit Jahrzehnten zu unserem Alltag in vielen Lebensbereichen. In sicherheitskritischen Anwendungen, wie der Luftfahrt, ist es besonders wichtig, dass diese Zusammenarbeit nicht nur effizient sondern auch zuverlässig läuft. Die klassische Aufgabenteilung zwischen Mensch und Automation hat Thomas Sheridan (MIT) mit seinen Prinzipien der Human Supervisory Control  beschrieben. Danach überträgt der Mensch bestimmte Teilaufgaben an die Automation, die diese dann unter Einsatz von Maschinen implementiert. Heute haben wir jedoch die Situation, dass Automation zunehmend in der Lage ist, auch höherwertige kognitive Aufgaben zu übernehmen (siehe Forschungsschwerpunkt: Kognitive Architekturen). Ferner ergeben sich Möglichkeiten, die Aufgabenteilung zwischen Mensch und Automation nicht mehr starr vorgegeben, sondern liquide zu gestalten (siehe Forschungsschwerpunkt: Adaptive Automation). 

Unser Ziel ist, neue Paradigmen der Zusammenarbeit zwischen Mensch und (intelligenter werdender) Automation zu finden und diese im Sinne von Entwurfsmustern (design patterns) zu beschreiben. Die Ziele der Nutzung derartiger Entwurfsmuster werden unter dem Schlagwort Human-Autonomy Teaming (HAT) zusammengefasst.

Lösungsansatz

Unter Berücksichtigung von den zu Erwartenden, künftigen kognitiven Fähigkeiten von Automation müssen Arbeitsprozesse von Mensch-Maschine Systemen in einer strikten top-down Herangehensweise beschrieben werden, wie es im Systems Engineering (SE)  üblich ist. In Ergänzung zum klassischen SE muss die Rolle des Menschen im Arbeitsprozess von vornherein konsequent mit in den Entwurfsprozess mit einbezogen werden. Nur dann ist es möglich, neben hierarchischen auch heterarchische Modelle der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Automation, also Modelle, in denen Mensch und Maschine kognitive Aufgaben untereinander kooperativ aufteilen, in den Systementwurf mit einzubeziehen. Auf diese Weise gelingt es, Anforderungen an kognitive Agenten und deren Zusammenwirken mit dem Menschen zu definieren, ohne sich in unscharfen Begrifflichkeiten, wie "Intelligenz" und "Autonomie" im Zusammenhang mit technischen Systemen zu verlieren.

Forschungsfragestellungen

 Die Professur für Flugmechanik und Flugführung entwickelt dazu konsequent eine Theorie zur Beschreibung hochautomatisierter Mensch-maschine Systeme. Hierbei sind der Arbeitsprozess und das Arbeitssystem, sowie die Rolle des Menschen (worker) und der Technik (tool) zentrale Konzepte. Kognitive Agenten können beide Rollen annehmen. Dieser Gedanke wird von uns als Dual Mode Cognitive Design bezeichnet und wurde 2010 in einer Monografie erstmals umfassend beschrieben. Ferner werden mögliche Relationen, hierarchische und heterarchische, zwischen Menschen, Agenten und konventioneller Automation im Sinne von praxiserprobten Entwurfsmustern (design patterns) beschrieben.

Am Institut untersuchen wir vor allem folgende Entwurfsmuster:

  • Delegation von höherwertigen Aufgaben an bemannte und unbemannte Luftfahrzeuge (siehe Forschungsfelder: Missionsmanagement, UAV-Automation). In diesem Zusammenhang ist vor allem das Paradigma der auftragsbasierten UAV-Führung zu nennen, welches in den folgenden Dissertationen eingehend untersucht wurde:
    • Johann Uhrmann: Auftragsbasierte multi-UAV-Führung aus dem Helikoptercockpit durch kognitive Automation
    • Sebastian Clauß: Agent Supervisory Control als Ansatz zur auftragsbasierten Delegation eines kognitiven Agenten an Bord von UAV
  • Pilotenassistenzsysteme, die als digitaler Kopilot fungieren (siehe Forschungsfeld: Assistenzsysteme). Hierbei handelt es sich um ein der bislang am intensivsten beforschten Entwurfsmuster des Instituts. Folgende Dissertationen sind in diesem Zusammenhang zu nennen:
    • Felix Maiwald: Maschinelle Beanspruchungsprädiktion zur ressourcengerechten Adaption eines Pilotenassistenzsystems
    • Andreas Rauschert: Kognitives Assistenzsystem zur Führung unbemannter Luftfahrzeuge in bemannt-unbemannten Flugmissionen
    • Nikolaus Theißing: Eingriffsstrategie für Assistenzsysteme zur Korrektur von Operateur-Fehlverhalten
  • Team-basierte Führung von UAV. Hierbei werden Aufträge nicht mehr an einzelne UAV erteilt, sondern gleich an eine kleine Gruppe von UAV. Neben den Teams untersuchen wir auch Schwärme, welches wiederum unterschiedliche Anforderungen an das Zusammenwirken Mensch-Maschine darstellt. Im Zusammenhang mit UAV-Teams sind neben aktuellen Arbeiten die folgenden Dissertationen zu nennen:
    • Claudia Meitinger: Kognitive Automation zur kooperativen UAV-Flugführung
    • Stefan Gangel: Kooperative Führung mehrerer unbemannter Luftfahrzeuge aus einem einsitzigen Kampfflugzeug
  • Mixed-Initiative Missionsplanung. Bei diesem Ansatz werden Missionspläne von Piloten und maschinellen Planungsfunktionen in Teamarbeit erstellt. Das heißt, die Initiative zur Weiterentwicklung, Optimierung oder Korrektur eines Missionsplans, etwa für Manned-unmanned Teaming (MUM-T) Missionen kann vom Piloten oder von einem Planungsagenten ausgehen. Derzeit sind zu diesem Themenkomplex mehrere Dissertationen in Vorbereitung.
  • Adaptive Automation (siehe Forschungsfeld: Adaptive Automation). Hierbei sollen Interventionen der Automation, z.B. eines Assistenzsystems an den mentalen Zustand des Menschen angepasst werden. Hierdurch wird ein Regelkreis geschlossen, welcher dazu führen soll, dass die mentale Beanspruchung (mental workload, MWL) des Menschen in einem günstigen Bereich gehalten wird. Zu diesem Entwurfsmuster werden derzeit mehrere Dissertationen vorbereitet. Folgende Dissertationen sind bereits abgeschlossen:
    • Diana Donath: Verhaltensanalyse der Beanspruchung des Operateurs in der Multi-UAV-Führung
    • Felix Maiwald: Maschinelle Beanspruchungsprädiktion zur ressourcengerechten Adaption eines Pilotenassistenzsystems