Studie der Professur für Sportbiologie: CrossFit für die Bundeswehr

25 Februar 2022

Ist CrossFit ein geeignetes Trainingskonzept für die Bundeswehr? Die MedXFit-Studie liefert die Antwort.

Ein Beitrag von Prof. Annette Schmidt, Professur für Sportbiologie

Mangelnde Fitness und chronische Erkrankungen in Folge sitzender Tätigkeiten und unzureichender körperlicher Aktivität stellen ein weitgreifendes Problem unserer Gesellschaft dar - eine Entwicklung, von der sich auch die Bundeswehr nicht freimachen kann. CrossFit (CF) stellt ein effizientes Trainingskonzept für den Dienstsport dar, um diesen Trend umzukehren.

Bundeswehr – Zwischen Einsatz und Bürostuhl

Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr absolvieren in ihrer Ausbildung und im Einsatz komplexe Aufträge unter hoher körperlicher Belastung. Die Art der Beanspruchung variiert dabei zum Teil stark. Egal ob Marsch, Feuerkampf, Gewässerüberquerung, oder Verwundetentransport – eine vielseitige, funktionale, körperliche Fitness ist stets Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Auftragserfüllung. Der Alltag sieht jedoch häufig anders aus. Dauersitzen und mangelnder Dienstsport sind für viele die Regel. Durch die Pandemie hat sich die Lage weiter verschärft. Getreu dem Spruch „use it or lose it“ verschlechtern sich in der Folge Gesundheit und Fitness vieler Soldatinnen und Soldaten. Im Ernstfall resultiert dies in einer erhöhten Gefahr für Leib und Leben.

Durch Integration von CrossFit in den Dienstsport kann diesem Problem begegnet werden, denn es beinhaltet ein ganzheitliches, funktionales Trainingskonzept mit ständig wechselnden Belastungsparametern. Charakteristisch ist die Kombination verschiedener Bewegungsmuster aus Gewichtheben, Powerlifting, Turnen, Schwimmen und Rudern in hochintensiven und zugleich kurzen Trainingseinheiten. Jede Trainingseinheit bietet somit neue Herausforderungen, denen man sich in der Gruppe unter Anleitung einer Trainerin oder eines Trainers stellt. Hierbei kann die Belastung individuell angepasst werden, so dass selbst Elitesoldatinnen und -soldaten Seite an Seite mit versehrten Kameradinnen und Kameraden die gleiche Trainingseinheit absolvieren können. Das steigert nicht nur Kraft, Schnelligkeit, Koordination, Mobilität und Ausdauer, sondern ganz nebenbei auch noch den Teamgeist.  

Zwei Trainer und mehrere Trainierende, die im Trainingsraum Gewichte heben

Beim CrossFit werden auch technisch anspruchsvolle Übungen aus dem Gewichtheben regelmäßig trainiert (© Professur für Sportbiologie/UniBw M).

MedXFit – CrossFit für „Bürotäter“

Die MedXFit-Studie richtete sich gezielt an zivile und militärische Angehörige der UniBw M mit einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit, die bis dahin weder Kraft- noch Beweglichkeitstraining durchführten. Untersucht wurde die Wirkung von CrossFit auf Kraft, Mobilität, Rückengesundheit und Wohlbefinden. Während die Kontrollgruppe (N = 34) kein Trainingsangebot erhielt, nahm die Trainingsgruppe (N = 57) über 12 Monate hinweg wöchentlich an zwei 60-minütigen CF-Trainings teil. Hohes Engagement seitens CrossFit Kokoro (das CrossFit-Affiliate auf dem Campus der UniBw M), Sportzentrum und dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) der UniBw M ermöglichten die Durchführung von jeweils 15 Trainingseinheiten pro Woche, aus denen die Teilnehmenden wählen konnten. Während des Lockdowns wurden zudem Online-Trainings angeboten.

Erwartungsgemäß zeigten die Teilnehmenden anfänglich starke Defizite bei Kraft und Mobilität. Zudem gehörten Rückenschmerzen für viele zum Alltag. Selbst einfachste Bewegungsmuster wie das Heben und Tragen von Lasten, Kniebeugen, Laufen oder Springen konnten nur die wenigsten richtig ausführen.

Bereits nach 6 Monaten verzeichnete die Trainingsgruppe signifikante Verbesserungen in allen untersuchten Bereichen. Dieser Trend setzte sich auf beeindruckende Weise fort. Nach 12 Monaten verfügten die Teilnehmenden über die notwendige Fitness, um auch in körperlich hochintensiven Belastungssituationen noch koordinativ anspruchsvolle Bewegungen gesundheitsschonend auszuführen. Die hohe Trainingsbeteiligung und der geringe Drop-Out sprechen außerdem für eine hohe Motivation unter den Teilnehmenden.

Nach Abschluss der Studie wurden die Mitglieder in die reguläre Trainingsgruppe von CrossFit Kokoro integriert. Hier trainieren dauerhaft über 150 Angehörige der UniBw M miteinander - darunter junge Studierende, versehrte Veteraninnen und Veteranen sowie zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeden Alters bis über 60 Jahre. Als Trainer sind überwiegend Studierende der Uni ehrenamtlich tätig. Auch die Ausbildung von neuen Trainern erfolgt bei CrossFit Kokoro. Das Training wird dauerhaft vom Lehrstuhl für Sportbiologie durch sportwissenschaftlicher Messmethodik begleitet. Gleichzeitig werden über zahlreiche Studienarbeiten ständig neue Erkenntnisse zum Thema CrossFit gewonnen.

Blick in den Crossfit Trainingsraum

Die moderne Ausstattung des Trainingsraums wurde 2021 aus Forschungsgeldern der Professur finanziert (© Professur für Sportbiologie/UniBw M).

Ausblick - CrossFit als Dienstsport

Die leistungs- und gesundheitsfördernde Wirkung von CrossFit wurde bereits mehrfach wissenschaftlich belegt. Mit der MedXFit-Studie wurde nun erstmals im Rahmen einer prospektiven, kontrollierten Langzeitstudie die Effektivität von CF bei Bundeswehrangehörigen nachgewiesen. Nicht zuletzt wegen dieser Erkenntnisse und des Erfolgs von CrossFit an der UniBw M insgesamt, sollte es zukünftig als Trainingskonzept für den Dienstsport der Bundeswehr in Betracht gezogen werden. Bei einer etwaigen Implementierung kann zudem auf die nun fast 10-jährige Erfahrung seitens CrossFit Kokoro und des Lehrstuhls für zurückgegriffen werden.


Mehr Informationen zur Professur für Sportbiologie finden Sie auf der Website der Professur >


Titelbild: © gettyimages/oatawa