Fußball-Europameisterschaft 2021: Spiele trotz Pandemie

11 Juni 2021

Interview mit Prof. Christopher Huth, Professur für Sport- und Gesundheitsmanagement, zum Start der verschobenen Fußball-EM. Mit den Olympischen Spielen steht im Sommer 2021 trotz Covid-19 ein weiteres sportliches Großevent an.

Die Fußball-Europameisterschaft der Herren findet vom 11. Juni 2021 bis zum 11. Juli 2021 in elf Ländern in Europa statt. Erstmals in der Geschichte der EM wird das Turnier sozusagen in ganz Europa ausgetragen, ein schöner Gedanke, der leider im Jahr 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht umgesetzt werden konnte. Die EM wurde von 2020 auf dieses Jahr verschoben, behielt aber ihren offiziellen Namen „UEFA EURO 2020“. München ist als deutscher Austragungsort dabei, ebenso wie London, Rom, Glasgow, Amsterdam, Sevilla, St. Petersburg, Budapest, Kopenhagen, Baku und Bukarest. Die einzelnen Standorte und ihre nationalen Fußballverbände haben Konzepte zur Sicherheit für die Spieler und die Gäste vorgelegt. Die Anzahl der erlaubten Zuschauerinnen und Zuschauer in den Stadien fielen teilweise sehr unterschiedlich aus. Während die Allianz Arena in München mit 14.000 Plätzen bis zu 20% gefüllt werden darf, sind in Budapest mit 68.000 Zuschauenden 100% der Stadionkapazität erlaubt.

Ebenfalls von 2020 auf dieses Jahr verschoben wurden die Olympischen Spiele in Tokio. Vom 23. Juli bis zum 8. August sollen die Spiele nach Wunsch des Internationalen Olympische Komitees (IOC) ausgetragen werden.


Prof. Christopher Huth vertritt derzeit die Professur für Sport- und Gesundheitsmanagement an der Universität der Bundeswehr München. Im Interview erklärt er aus einer ökonomischen Sicht die Entscheidung diese Turniere jetzt, trotz Pandemie, durchzuführen.

Prof. Huth, was sind im Allgemeinen Ihre Gedankten zur Austragung der EM dieses Jahr?

Die grundsätzliche Idee, die die UEFA (Union of European Football Associations) mit dieser EM hatte, lange bevor Corona ein Thema wurde, war natürlich eine sehr gute. Gerade wenn man an kleinere Länder wie z.B. Ungarn denkt; diese Länder hätten sonst nie die Chance und die Mittel gehabt, Turniere dieser Größe auszurichten. Es wäre auch gar nicht nachhaltig dort mehrere Stadien in der erforderlichen Größe zu bauen oder zu sanieren. Das sieht man auch in Südafrika oder in Brasilien, wo heute Stadien, die damals für Weltmeisterschaften geschaffen wurden, langsam verfallen. Man hatte dort einfach nicht die Nachfrage, um diese Stadien nachhaltig zu bewirtschaften.

Jetzt haben wir elf Orte, die die EURO 2020 austragen. Wenn man die Pandemie bedenkt, ist es natürlich leider suboptimal, dass ausgerechnet jetzt diese Art der EM stattfindet. Es wird ja allein durch die Mannschaften zu einem Reiseaufkommen innerhalb Europas kommen, auch wenn anders als sonst keine bis sehr wenig Fans ihren Mannschaften ins Ausland nachreisen werden. Es wird ja auch teilweise nur sehr eingeschränkt Tickets geben.

Aus der Sportmanagement-Sicht, wie sinnvoll ist es jetzt das Turnier stattfinden zu lassen? Auch die Olympischen Spiele in Tokio werden derzeit für Sommer 2021 geplant.

Mit Stand heute würde ich sagen, dass mit der angestrebten Kapazität im Stadion in München und den Vorkehrungen unter den aktuellen Bedingungen sicher ein guter Kompromiss gefunden wurde.

Man muss sagen, dass diese Großevents für die Verbände die Haupteinnahmequelle sind, besonders für das IOC, das im Wechsel von zwei Jahren die Sommer- und Winterspiele ausrichtet. Die UEFA hat mit der Champions League und ein paar anderen Turnieren immerhin noch andere Einnahmen, aber die EM ist natürlich ein wichtiges Aushängeschild. Für beides gilt, dass die Ticketverkäufe in Relation zu den Einnahmen aus TV-Sendrechten und Sponsoring nicht der größte Punkt sind. Aber dennoch kostet jeder nicht verkaufte Platz am Ende des Tages Geld. Aus ökonomischer Sicht können die Verbände nicht auf die Ausrichtung verzichten. Wichtig ist es für die UEFA, dass die EM überhaupt stattfindet, ob ohne oder mit wenigen Zuschauenden. Es ist anzunehmen, dass bei einer vollständigen Absage im schlechtesten Falle sogar Vertragsstrafen an die Ausrichter und Werbepartner fällig gewesen wären.  

Welche Auswirkungen hat es auf die Sportlerinnen und Sportler, wenn ihre Wettkämpfe abgesagt werden?

Natürlich ist es ein Einschnitt in das Leben der Profis, wenn ihre Wettbewerbe abgesagt werden. Aber gerade im Fußball durfte in Deutschland ja sehr schnell wieder gespielt werden. Die Sportler, die nun bei der EM antreten, sind alle aus der letzten Saison gut im Training. Und auch daran ohne Publikum zu spielen, dürften sie sich mittlerweile gewöhnt haben.

Anders sieht es bei den Athletinnen und Athleten für Olympia aus. In einigen Disziplinen sind das Menschen, die den Sport nicht hauptberuflich machen, die mit den Einschränkungen im Trainingsbetrieb zu kämpfen hatten. Für die sogenannten Randsportarten geht es alle vier Jahre bei Olympia um alles. Insbesondere bei sportlichem Erfolg bekommen sie auch Medienaufmerksamkeit, die sich dann in Förderung und Sponsoring niederschlägt. Auch für Vereine sind diese Wettkämpfe immens wichtig, um wieder junge Menschen als Nachwuchs für sich zu gewinnen.

Durch die Pandemie haben einige Sportarten, die man allein und vereinsunabhängig machen kann, profitiert. Aber klassische Vereinssportarten haben gelitten. In den kommenden Jahren wird sich wahrscheinlich zeigen, welche Auswirkungen das bei der Nachwuchsgewinnung haben wird.


Titelbild: © Universität der Bundeswehr München / Siebold