ACDC: damit der Gefahrstoffeinsatz nicht zum Highway to Hell wird

9 Februar 2021

Einsatzkräfte, die nach einem Unfall mit Gefahrstoffen als erste an der Einsatzstelle eintreffen, stehen oft vor der Herausforderung, eine mögliche Freisetzung dieser Gefahrstoffe zu erkennen und ihren Eigenschutz im Falle eines Stoffaustritts sicherzustellen. Um derartigen Gefahren frühzeitig entgegentreten zu können, entwickeln Dr. Tanja Stimpel-Lindner und Prof. Georg Düsberg am Institut für Physik der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik eine Sensorplattform zur Detektion von atomaren und chemischen Gefahren.

Bei Industrieunfällen wie dem Brand eines Chemiewerks oder auch bei Verkehrsunfällen mit Gefahrguttransportern können radioaktive oder chemische Gefahrstoffe freigesetzt werden. Aber auch bei gewöhnlichen Bränden entsteht bereits eine ganze Palette von gefährlichen Brandgasen. Dies stellt Einsatzkräfte vor besondere Herausforderungen, da zunächst festgestellt werden muss, welche Gefahrstoffe vorhanden sind, um Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Häufig verfügen Rettungskräfte, die als erstes bei einem Unglück eintreffen, nicht über die erforderliche spezielle Messtechnik. Um derartige Gefahren künftig frühzeitig zu erkennen und adäquat darauf reagieren zu können, entwickelt das Institut für Physik der Universität der Bundeswehr München im Forschungsverbund mit dem ABC-Zug München-Land und der Münchner Firma Ketek GmbH eine Plattform für einen "integrierten AC-Detektorchip (ACDC)". Diese Plattform soll die Basis für mobile Chips bilden, die etwa an der Schutzkleidung von Einsatzkräften befestigt werden können - und die sowohl radioaktive Strahlung als auch eine definierte Sammlung chemischer Gefahrstoffe erkennen sollen. Das Ziel der Projektpartner ist es, mobile Sensoren zu entwickeln, die zukünftig die Arbeit von berufsmäßigen und ehrenamtlichen Einsatzkräften sicherer und effizienter machen.

Multisensor-Plattform kann auch bei Terrorlagen eingesetzt werden

Ein kleines und tragbares Sensorsystem mit sehr niedrigem Stromverbrauch, möglichst langer Lebensdauer, günstigem Anschaffungspreis sowie geringer Anfälligkeit für Umwelteinflüsse soll durch das Einbringen innovativer Materialien entstehen. Eine derartige "Multisensor-Plattform" wird aufgrund unterschiedlicher Kombinations­möglichkeiten der integrierten Sensoren sowohl für Terrorlagen als auch in gewöhnlichen Havariefällen mit Gefahrstoffaustritt oder bei Brandeinsätzen zum Einsatz kommen können.

Neben den drei Verbundpartnern sind am Projekt noch weitere Partner beteiligt. So entwickelt etwa die Universität Flensburg ein Schulungskonzept um den Einsatzkräften den Umgang mit der neuen Technologie zu vermitteln und die Bundeswehr-Feuerwehr am Standort Neubiberg wird sich an den Tests unter realen Einsatzbedingungen beteiligen. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm "Forschung für die zivile Sicherheit" geförderte Projekt (Laufzeit bis Ende September 2021) kann zum jetzigen Zeitpunkt durchweg positive Ergebnisse vorweisen.


Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Projektseite auf www.sifo.de >>

Weitere Informationen zum Institut finden Sie hier >>


Titelbild: Einsatzkräfte werden nach dem Umgang mit atomaren, biologischen oder chemischen Gefahrstoffen gründlich dekontaminiert (© Stimpel-Lindner / Universität der Bundeswehr München)