Schulunterricht in Präsenz während der SARS-CoV-2 Pandemie

23 September 2020

Welches Konzept ist sicher, realisierbar und ökologisch vertretbar?

Der Besuch der Schule ist für alle schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen unerlässlich. Kinder und Jugendliche haben aber auch das Recht auf Schutz und Fürsorge durch ihre Eltern und den Staat. Die Frage ist daher, wie der Schulunterricht in Gemeinschaft während der SARS-CoV-2 Pandemie realisiert werden kann, ohne die Kinder einem unnötigen Infektionsrisiko auszusetzen. Es geht dabei nicht nur um die Kinder, denn wenn die Kinder gefährdet sind, dann sind es auch deren Eltern und die Großeltern und schließlich die gesamte Gesellschaft. Es gibt zahlreiche Konzepte, die während der Pandemie Sicherheit in Schulen versprechen. Bei der Auswahl der Konzepte müssen natürlich die Kosten im Verhältnis zum Nutzen abgewogen werden, aber auch die technische Realisierbarkeit und die ökologischen Folgen sind zu berücksichtigen.

Prof. Christian Kähler und seine Mitarbeiter haben in einer neuen Studie die wesentlichen Schutzkonzepte vergleichend bewertet und mit Hilfe von experimentellen Analysen nachgeprüft, inwieweit die Schutzkonzepte wirksam sind und Schutz vor einer SARS-CoV-2 Infektion bieten. Es wurden fünf Schutzkonzepte in der Studie betrachtet: 1. Freie Lüftung, 2. Abstände, 3. FFP2/3 Masken, 4. Raumluftreiniger / Entkeimungsgerät plus Mund-Nasen-Bedeckung, OP Maske oder Gesichtsvisier, 5. Raumluftreiniger / Entkeimungsgerät plus transparente Schutzwände mit umlaufender Kante.

Lüften im Winter kaum möglich

Gemäß der Studie ist ein Schutzkonzept, das allein auf das freie Lüften vertraut, einfach umsetzbar, aber es bietet nur ein Minimum an Sicherheit, da es keinerlei Schutz vor einer direkten Infektion gewährleistet und da Lüften meist ineffizient ist, im Winter für Erkältungen sorgt, das Wohlbefinden beeinträchtigen und vor allem die Energie verschwendet. Infektionsschutz und Klimaschutz dürfen sich nicht gegenseitig ausschließen so die Forscher. Da bei diesem Konzept Infektionen billigend in Kauf genommen werden, entstehen enorme Kosten, sobald infizierte Kinder und Jugendliche medizinisch versorgt werden müssen.

Abstände einhalten ist nicht realistisch

Das Schutzkonzept, dass auf Abstände setzt, kann in der Realität nicht umgesetzt werden, da weder der Raum noch die Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Die Kosten für die Umsetzung wären massiv und es würde zeitlich sehr lange dauern es umzusetzen, so dass dieses Konzept lediglich dann realisiert werden kann, wenn die Beschulung zuhause erfolgt. Das wäre aber nicht nur nachteilig für die soziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, sondern auch enorm belastend, da die Eltern sich stark engagieren müssten bei der Beschulung.

Dauerhaftes Tragen von Schutzmasken unrealistisch

Ein Schutzkonzept, das auf hochwertige partikelfiltrierende Atemschutzmasken (FFP2/3) setzt, bietet eine sehr hohe Sicherheit vor einer Infektion. Aber das dauerhafte Tragen wirkt sich nachteilig auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Trägerinnen und Träger aus. Daher ist das Konzept nicht wirklich umsetzbar. Ferner ist das Tragen von Atemschutzmasken weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. Die Kosten belaufen sich auf 20000 Euro pro Jahr und Klasse.

Schutzkonzepte, bei denen die indirekte Infektionsgefahr durch Raumluftreiniger oder Entkeimungsgeräte realisiert werden, haben den Vorteil, dass die Viren im Raum nach kurzer Zeit abgeschieden oder inaktiviert werden, sofern (1.) die Luftwechselrate pro Stunde mindestens dem sechsfachen des Raumvolumens entspricht. (2.) 99,995% der Viren beim einmaligen Durchlauf durch das Gerät abgeschieden (mit einem Filter der Klasse H14) oder inaktiviert (mit UV-C oder Ionisation) werden und (3.) das Gerät leise ist, so dass es auch betrieben wird. Da die warme Raumluft erhalten bleibt sind die Geräte energetisch effizient. Da diese Geräte vielfach in Deutschland produziert werden, sind sie verfügbar. Daher würde ihre Nutzung nicht nur für Sicherheit vor einer indirekten Infektion, sondern gleichzeitig auch für den Erhalt von Arbeitsplätzen sorgen. Daher wären die Anschaffungskosten für 2000 bis 3000 Euro pro Klassenraum eine gute Investition.

Transparente Schutzwände ersetzen die Masken

Für die Verhinderung direkter Infektionen bieten sich Mund-Nasen-Bedeckungen, OP Masken oder transparente Gesichtsvisiere grundsätzlich an. Masken sind aber oft störend und unbehaglich, sie sind auf Dauer unhygienisch, werden selten richtig getragen und stellen nach Gebrauch Müll dar. Gesichtsvisiere haben diese Nachteile nicht und darüber hinaus ist die Mimik sichtbar. Allerdings stören sie die Bewegungsfreiheit und die Arbeitsweise. Es empfiehlt sich daher zusätzlich zu den Raumluftreinigern bzw. Entkeimungsgeräten transparente Schutzwände mit umlaufender Kante zwischen den Sitznachbarn zu positionieren. Diese sind für Aerosolpartikel und Viren völlig undurchlässig und wenn sie richtig dimensioniert sind, dann ist es gemäß der Studie auch sehr unwahrscheinlich, dass die ausgeatmete Luft aufsteigt, über die Begrenzung strömt und dann am Nachbarplatz niedersinkt. Somit bieten Trennwände den bestmöglichen Schutz zwischen benachbarten Personen im Klassenzimmer. Die Tischnachbarn können sich durch die Schutzwand beliebig nahekommen und auch direkt unterhalten und anhusten ohne sich zu infizieren. Ferner stören die Zwischenwände die Arbeitsweise der Schülerinnen und Schüler nicht, die Mimik ist sichtbar und der Raum ist vollständig einsehbar. Die Kinder und Jugendlichen können sich durch die Kombination aus Raumluftreiniger bzw. Entkeimungsgerät und Schutzwand vollständig auf den Unterricht konzentrieren und müssen nicht Angst vor einer Infektion haben, bei geöffneten Fenstern frieren oder ständig an das richtige Tragen von Masken denken. Somit kann mit diesem Konzept ein weitgehend normaler Unterrichtsbetrieb während der Pandemie realisiert werden.


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Titelbild: Versuchsanordnung im Labor von Prof. Kähler (© Universität der Bundeswehr München / Christian Kähler)