Diversität in der Bundeswehr: Vielfalt stärkt die Kampfkraft

14 Februar 2024

Vielfalt der Personalstruktur ist ein Thema, das auch für die Bundeswehr zunehmend an Bedeutung gewinnt. Warum es in der aktuellen Lage für die Bundeswehr wichtig ist, sich verstärkt mit Diversität auseinanderzusetzen, haben Prof. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing, und Prof. Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München, am 9. Februar 2024 in einer öffentlichen Veranstaltung diskutiert.

In ihrer Begrüßung ging die Vizepräsidentin der UniBw M, Prof. Rafaela Kraus, erst einmal darauf ein, warum die Sensibilität für das Thema auch an der Universität gestärkt werden muss: „Einerseits aus Fairness – wir alle finden es gut, wenn wir in einer Organisation fair behandelt werden. Egal welche Herkunft, welche Hautfarbe oder Geschlecht wir haben. Gleichzeitig ist es ein Business-Case.“

„Die Bundeswehr ist auf eine diverse Mitgliedschaft angewiesen – damit meine ich sowohl die Soldatinnen und Soldaten als auch die zivilen Mitarbeitenden. Wir müssen attraktiv sein für alle Arten von Mitarbeitenden. Das ist eine wichtige Aufgabe, um sowohl das Potenzial der Organisation zu heben – also mehr Innovation in die Organisation zu bringen – und eine Kulturveränderung herbeizuführen, die dem entspricht, was heute von der Gesellschaft erwartet wird“, so Prof. Kraus.


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Bei der öffentlichen Veranstaltung wurde auch das Publikum dazu angeregt, sich mit Fragen an der Diskussion zu beteiligen (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)


Diversität beeinflusst Kampfbereitschaft

Prof. Masala erläuterte den Teilnehmenden in seiner kurzen Einführung, dass das Thema Diversität vor allem relevant geworden ist, nachdem die Wehrpflicht ausgesetzt wurde. Mit dem Beginn des Ukraine-Krieges sei das Thema jedoch zunächst wieder in den Hintergrund getreten.

Dabei ist es wichtig, dass die Bundeswehr sich auch weiterhin und kontinuierlich mit einer Vielfalt im Personalwesen auseinandersetzt. Diversität fördere nicht nur das soziale Miteinander, sondern, so Prof. Masala, auch die Bereitschaft füreinander und miteinander zu kämpfen. Als Beispiel nannte er die LGBTQ-Gemeinschaft in der Ukraine, die sich bereitwillig für die Front gemeldet habe, nachdem Präsident Selenskyj die Eheschließung für homosexuelle Paare ermöglicht hatte.

„Wir sind eine diverse Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Und eine diverse Bundeswehr performt im Ernstfall besser als eine nicht-diverse Bundeswehr in einer diversen Bundesrepublik Deutschland. Warum? Weil eine nicht-diverse Bundeswehr in einer diversen Bundesrepublikanischen Gesellschaft möglicherweise nicht weiß, was sie da zu verteidigen hat. Das heißt, sie erfüllen einfach einen militärischen Auftrag“, erläuterte Prof. Masala. „Eine diverse Bundeswehr erfüllt auch diesen Auftrag, weiß aber, von der normativen Seite her, was sie zu verteidigen hat. Nämlich eine Gesellschaft, die es ihr ermöglicht, in Diversität zu leben.“


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Prof. Masala (l.) und Prof. Münch (r.) während ihrem Gespräch über Diversität in der Bundeswehr (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)


Warum „Diversität“ nicht gut ankommt

Prof. Münch wirft gegen Ende auch noch die Frage in den Raum, wie sinnvoll es ist, „Kampfbegriffe“ wie „Diversität“ oder „Diversity“ zu nutzen, da es sich oftmals um Trigger-Worte handelt, die von vielen Menschen negativ aufgefasst werden.

Prof. Masala ist der Meinung, es ist besser diese Begriffe zu vermeiden: „Wenn ich sagen würde: ‚Die Bundeswehr muss wieder ein Spiegelbild der Gesellschaft sein‘ dann würden viel, viel mehr sagen ‚Ja klar‘. Dann können wir uns darüber unterhalten, was Spiegelbild heißt. Wenn ich sage die Bundeswehr muss divers sein, dann ist sofort Ablehnung da. Denn unter Diversität werden die unterschiedlichsten Dinge verstanden von denen die meisten auch noch falsch sind.“

„Diversität neu gedacht“

Ein ausführlich diskutiertes Unterthema war die Frage, ob junge Menschen ohne deutschen Pass in die Bundeswehr aufgenommen werden sollten. Für Prof. Masala gehören auch diese jungen Leute unbedingt zum „Spiegelbild unserer Gesellschaft“ und sollten bei der Personalgewinnung berücksichtigt werden.

Die Gleichstellungsbeauftragte der Universität der Bundeswehr München, Pamela Koch, bedankte sich am Ende der Veranstaltung als Veranstalterin bei Prof. Münch und Prof. Masala dafür, dass sie den Teilnehmenden mit ihrem Gespräch neue Aspekte aufgezeigt und „Diversität neu gedacht“ hätten. Sie ermutigte alle, sich trotz anhaltender Widerstände nicht davon abhalten zu lassen, das Selbstverständnis für Diversität weiterhin zu fördern und andere dafür zu sensibilisieren.


Titelbild: Prof. Carlo Masala (l.) und Prof. Ursula Münch (r.) diskutieren im Stauffenberg-Saal der Universität der Bundeswehr München, ob „Vielfalt in der Bundeswehr“ angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage ein legitimes Thema ist (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)