Klimafreundliche Lösungen für bedrohtes Ernährungssystem

5 September 2023

Das Projekt FrontAg Nexus der Universität der Bundeswehr München arbeitet mit kleinen und mittleren Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Universitäten in Mittelmeerländern zusammen, um klimafreundliche und wassersparende Lösungen für die Landwirtschaft zu testen und weiterzuentwickeln.

Der Mittelmeerraum wird im Bericht des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) von 2022 als einer der Hotspots des Klimawandels bezeichnet. Besonders Hitzewellen und Wassermangel machen der Landwirtschaft in der Region zu schaffen. Für viele Menschen eine existenzielle Bedrohung, da ein großer Anteil der Bevölkerung von der Landwirtschaft als Haupteinkommensquelle lebt, betont Prof. Gertrud Buchenrieder. Sie ist Inhaberin der Professur für Entwicklungsökonomie und -politik und Koordinatorin von FrontAg Nexus. Ziel dieses Projekts ist es, die Lebensgrundlage von Menschen im Mittelmeerraum, die von der Landwirtschaft abhängig und damit besonders vom Klimawandel betroffen sind, nachhaltiger zu gestalten und deren Resilienz zu stärken.

Beratung und Unterstützung der Bevölkerung vor Ort

Das Projekt folgt dem WEFE-Nexus-Ansatz der Europäischen Kommission, bei dem Wasser (Water), Energie (Energy) und Nahrungsmittel (Food) nachhaltig verfügbar gemacht werden bei gleichzeitigem Schutz der Umwelt (Environment). „Für den Erfolg des Projektes sind besonders die Partnerinnen und Partner in Italien, Israel, Jordanien, Marokko, Tunesien und in der Türkei wichtig. Sie testen Prototypen verschiedener nachhaltiger Agrar-Nahrungsmitteltechnologien in lokalen Demonstrationsanlagen, verbessern diese im Austausch mit Praktikern und machen sie verfügbar für lokale Innovatoren. Für den regelmäßigen Austausch haben wir einmal wöchentlich ein Online-Meeting, außerdem gibt es auch Vor-Ort-Besuche“, erklärt Prof. Buchenrieder. Eine anschließende Wirkungsanalyse mit Befragungen von Nutzenden soll zeigen, inwieweit die Technologien tatsächlich die sozio-ökonomische Resilienz der Leute steigern und den Druck auf die natürlichen Lebensgrundlagen reduzieren.

Wassersparende und nachhaltige Agrar-Nahrungsmitteltechnologien

FrontAg Nexus setzt zur Bewältigung der Schwierigkeiten des Ernährungssystems im Mittelmeerraum auf vier zirkuläre Agrar-Nahrungsmitteltechnologien (Frontier Agriculture), die die regionale Ernährungs- und Nahrungssicherheit erhöhen sollen. Erste Technologie ist der Hydroponik-Anbau, ein i. d. R. erdenloser Pflanzenanbau, bei dem die Wurzeln einer Pflanze in einer Nährlösung hängen. Damit können sehr wassersparend hochwertige Nahrungsmittel wie Gemüse und Früchte produziert werden. Die Methode gilt als bis zu 90 Prozent wassersparender als konventioneller Pflanzenbau, so Prof. Buchenrieder. Zweiter Ansatz ist die rezirkulierende Aquakultur, bei der es keine Teiche mit durchfließendem Wasser gibt und somit keine Futtermittelreste und Exkremente der Fische mitgeschwemmt werden: „Das Wasser wird stattdessen in einem Tank umgepumpt, was die Wassereffizienz ebenfalls um über 90 Prozent steigern kann“, erläutert die Koordinatorin.

Die dritte Technologie verbindet die Hydrokultur mit der rezirkulierenden Aquakultur und wird als Aquaponik bezeichnet. Für die Bewässerung und zum Düngen des Gemüses und des Obsts kann das von Pathogenen (Mikroorganismen) gereinigte Wasser, in dem die Fische leben, genutzt werden. Als vierten Ansatz setzt das Projekt auf die Insektenzucht zu landwirtschaftlichen Zwecken: „Mit den Insekten kann einerseits Humus erzeugt werden , andererseits können die verarbeiteten Insektenlarven als Proteinfutter für Fische genutzt werden. Ein wichtiger Aspekt, denn während der Corona-Pandemie sind die Preise für Fischfutter enorm angestiegen, einige Fischzüchter mussten deswegen sogar aus dem Geschäft aussteigen“, so Prof. Buchenrieder.

Erste Erfolge

Das Projekt, das durch das EU-Programm PRIMA (Partnership for Research and Innovation in the Mediterranean Area) kofinanziert wird, läuft seit Mai 2023 und verzeichnet erste Erfolge. Die Stadtverwaltung Bodrum in der Türkei, einer der Partner, organisierte einen erfolgreichen Workshop zum Thema „Klimawandel und Landwirtschaft“ und diskutierte mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Lösungsansätze des Projektes. Das tunesische Unternehmen ElBosten Phytagri baut bereits Gewächshäuser, um die Funktionsweise von angepasster Hydroponik zu demonstrieren und möchte zudem den Anbau der trockenheitsresistenten Drachenfrucht testen.

FrontAg Nexus informiert regelmäßig über die Projekterfolge auf:


Titelbild: Aufbau des Hydroponik-Systems bei einem tunesischen Partner (© FrontAg Nexus)