Network Gender & STEM-Konferenz an der Universität ausgerichtet

27 Juli 2022

Wie können Schülerinnen und Schüler für ein Studium im MINT-Bereich begeistert werden? Darum ging es bei der 6. Network Gender & STEM-Konferenz, die in diesem Jahr vom 21. bis 23. Juli unter Leitung von Prof. Bernhard Ertl an der Universität der Bundeswehr München ausgerichtet wurde.

An der Konferenz nahmen über 170 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 18 Ländern teil, davon über 120 in Präsenz und etwa 50 hybrid zugeschaltet. Sie diskutierten vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), warum MINT-Fächer für viele Schülerinnen und Studentinnen unattraktiv sind, welche Phänomene dazu führen und mit welchen Lösungsmöglichkeiten dem entgegengewirkt werden kann.

„Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es wichtig zu analysieren, warum so wenige Frauen in den MINT-Bereich gehen, warum die Abbruchquoten so hoch sind (übrigens sowohl bei Männern wie bei Frauen) und was man dagegen tun kann“, so Prof. Ertl, Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Lernen und Lehren mit Medien, über die Bedeutung der Konferenz.

Weibliche Vorbilder berichten über ihre Erfahrungen in der Berufswelt

Zur Motivation, einen MINT-Beruf zu ergreifen können auch Rollenvorbilder maßgeblich beitragen. Darum wurde am Vorabend der Konferenz des Netzwerkes Gender & STEM (Science, Technology, Engineering, Mathematics, engl. für MINT) eine Podiumsdiskussion im Audimax der Universität der Bundeswehr München ausgerichtet. Unter dem Titel „Superstars of STEM“ waren vier Frauen auf dem Podium zusammengekommen um über ihren Werdegang und ihre Karriere in technisch-wirtschaftlichen Berufsfeldern zu sprechen, ihre Erfahrungen zu teilen und mit ihren Beiträgen junge Frauen zu motivieren, selbst eine solche berufliche Richtung einzuschlagen.

Moderiert wurde das Podium von Sahar Yadegari von der niederländischen Nationalen Fachorganisation Mädchen/Frauen und Wissenschaft/Technik, vhto.

Daniela Lohwasser (HO Chief Engineering Military Aircraft bei Airbus), Inga Stoll (Director Materials, MTU Aero Engines AG), Tina Braden (Manager Sales Industry Division, Panasonic) und Prof.  Verena Nitsch (Institutsleitung am Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen University) berichteten über ihre Erlebnisse in Kindheit und Schulzeit und was sie dazu brachte, ein MINT-Fach zu studieren.  Die Frauen auf der Bühne machten teilweise ähnliche Erfahrungen in ihrem Berufsleben, nämlich, dass es anfangs schwieriger gewesen sei, oftmals die einzige oder eine der wenigen Frauen in ihrem Bereich zu sein. Dies führe zu mehr Aufmerksamkeit auf sich als Person und zu dem Druck, sich mehr unter Beweis stellen zu müssen als männliche Kollegen. Dieser Druck nehme aber spürbar ab, je mehr Frauen in ein Team kämen. Außerdem könne man mehr Aufmerksamkeit auch durchaus als Vorteil betrachten. So erklärte Daniela Lohwasser, ihr sei sehr schnell der Ruf vorausgeeilt, dass sie sehr gründlich arbeite und dass ihre Aussagen stets fundiert seien. Dieser Ruf, so sagte sie, bestünde bis heute und habe ihr bereits in vielen Positionen im Job geholfen. Männer dagegen müssten ihrer Beobachtung nach öfter und immer wieder beweisen, dass sie Expertise mitbringen. Inga Stoll bestätige diesen Eindruck und ermunterte dazu, die Vorteile, die einer Frau durch die Aufmerksamkeit zuteilwerden, sei es mehr Gehör bei Vorgesetzten oder spezielle Förderungen, zu nutzen.

In ihren abschließenden Statements waren sich die vier Frauen ebenfalls überwiegend einig: kein Mädchen und keine junge Frau solle sich von Schule oder Gesellschaft entmutigen lassen ein technisches Studienfach oder eine Ausbildung zu ergreifen. „Just do it“ war der einstimmige Aufruf. Im Vergleich zu Männern seien Frauen eher auf Perfektion aus und hinderten sich damit oft selbst am Vorankommen, doch Prof. Nitsch erklärte: „Be bold. Be brave. Just do it.“ („Sei mutig und mach es einfach“).

Die Bundeswehr als vielfältiger Arbeits- und Studienort

Der erste Konferenztag begann mit Impulsvorträgen über die Bundeswehr als vielfältigem Arbeits- und Studienort. Die Leiterin Stabselement Chancengerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), Claudia Paul, sprach über das Thema „Mit gemischten Teams zukunftsfähig entscheiden“. Dabei betonte sie, dass Diversity einen hohen Stellenwert für die Bundeswehr habe und man für die im Grundgesetz verankerten Werte einstehe. Um sich ein konkretes Lagebild über das Inklusions- und Diversitätsklima in der Bundeswehr zu verschaffen, führte das BMVg 2019 eine umfassende Studie unter dem Titel „Bunt in der Bundeswehr – ein Barometer zur Vielfalt“ durch. Mit Blick auf die Entwicklung des Frauenanteils zeigte sich dabei: In den letzten 10 Jahren hat sich der Anteil der Soldatinnen in Summe um fast 30 Prozent erhöht, in den meisten militärischen Bereichen sind Frauen allerdings immer noch deutlich unterrepräsentiert. Am Ende betonte Paul, dass Personal die wichtigste Ressource der Bundeswehr sei und Vielfalt dabei ein Schlüssel zum Erfolg wäre.

Im Anschluss daran erläuterte die Vizepräsidentin für Angewandte Wissenschaften, Entrepreneurship und Chancengerechtigkeit Prof. Rafaela Kraus, dass Vielfalt auch für den Impact der Universität und Wissenschaft sehr wichtig sei: „Unser Ziel ist eine Universität des Miteinanders“. Daran anknüpfend gab die zivile Gleichstellungsbeauftragte Pamela Koch Einblicke in die Diversity und Chancengleichheitsmaßnahmen der Universität. Abgestimmt auf verschiedene Zielgruppen bietet die Universität mehrere Gleichstellungsangebote: Für Professorinnen gibt es seit 2016 einen chancengerechten Berufungsleitfaden, für Nachwuchswissenschaftlerinnen seit 2018 ein Mentoring-Programm und zur Unterstützung von Familien wurde 2017 eine Familienservicestelle gegründet. Unterschiedliche Projekte gibt es auch im Bereich Chancengerechtigkeit, etwa das 2021 veröffentlichte Diversity-Leitbild sowie die Verankerung von Diversity als Aufgabe der Universitätsleitung Anfang des Jahres 2022. Ganz aktuell setzt sich die Universität mit einem Diversity-Audit des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft e. V. zum Ziel, den individuellen Hintergründen und Lebensgeschichten der Menschen gerecht zu werden. Mit weiteren bedarfsgerechten Angeboten soll die UniBw M attraktiv für Studium und Arbeit gestaltet werden.


Titelbild (v.l.n.r.): Pamela Koch, Prof. Bernhard Ertl, Claudia Paul und Prof. Rafaela Kraus auf der Vorkonferenz „Bundeswehr – ein vielfältiger Arbeits- und Studienort“ (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)