KompZ KFE: Internationaler Austausch zur Krisenfrüherkennung

14 November 2022

Am 7. und 8. November 2022 fand das Symposium „Ansätze und Herausforderungen in der Krisenfrüherkennung“ des Kompetenzzentrums für Krisenfrüherkennung (KompZ KFE) an der Universität der Bundeswehr München unter der Leitung von Prof. Carlo Masala statt.

Hochwasser im Ahrtal, die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan nach der Ankündigung des Truppenrückzugs der USA aus dem Land oder der Angriff Russlands auf die Ukraine – eine Aufzählung von ernsten Krisen der Welt allein aus den letzten beiden Jahren. Immer wieder wird die Frage laut, ob die Politik oder das Militär nichts hätte ahnen können, vom Ausmaß der Katastrophe. Ob nicht früher etwas hätte unternommen werden können. Einen Blick in die sprichwörtliche Glaskugel können die Expertinnen und Experten wohl nicht zu ihrer Arbeit zählen, doch trotzdem sind sie in der Lage viele Bedrohungen frühzeitig zu sehen und präventiv zu reagieren. Politikerinnen und Politiker verlassen sich auf wissenschaftliche Methoden, mit denen ihnen die Prognosen für ihre tägliche Arbeit erleichtert werden.

Das KompZ KFE startete 2020 zunächst als Pilot und Kooperationsprojekt des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) mit der Universität der Bundeswehr München und wurde 2022 zu einer festen Größe etabliert. Gefördert wird es vom BMVg und dem Auswärtigen Amt. Das Zentrum betreibt wissenschaftlich fundierte interdisziplinäre Krisen- und Konfliktforschung unter Verwendung innovativer Methoden und relevanter Schlüsseltechnologien (Advanced Analytics, Künstliche Intelligenz (KI)). Die Daten hierfür speisen sich aus öffentlich frei zugänglichen Quellen. Die Forschungsergebnisse unterstützen die Weiterentwicklung von IT-Instrumenten der Bedarfsträger zur Krisenfrüherkennung. Mit seiner Expertise leistet das Zentrum einen Beitrag zur ressortübergreifenden Zusammenarbeit und zum nationalen Prozess der Krisenfrüherkennung. Außerdem ist das KompZ KFE auch in der Lehre an der UniBw M beteiligt.

Neben den Forschungen zu Konflikten, die das Zentrum im Auftrag des BMVg und des Auswärtigen Amtes erledigt, hat es auch den Auftrag Netzwerke zu knüpfen zwischen Wissenschaft, Politik und Militär. Aus diesem Grund wurde das diesjährige Symposium zum ersten Mal durchgeführt. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Militär trafen während des Symposiums an der Universität zusammen, was Prof. Masala besonders freute.

„Frühwarnsystem“ für Konflikte – wie können die Ergebnisse genutzt werden?

Ein wesentliches Thema in den Diskussionsrunden des zweitägigen Symposiums war die Art und Weise, wie wissenschaftliche Erkenntnisse zur Krisenfrüherkennung schnell und effizient an politische oder militärische Entscheider gelangen können. Mit insgesamt über 100 Teilnehmenden aus 13 Nationen war das Symposium sehr gut besucht und mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, politischen Entscheidern und Praktikerinnen aus der Wirtschaft international und divers besetzt. In verschiedenen Panels mit wissenschaftlichen oder politischen Schwerpunkten ging es sowohl um wissenschaftliche Erkenntnisse und aktuelle Forschungsergebnisse, als auch um politische Entscheidungen und Wege, wie Wissen weitergegeben werden kann.

Die Keynote zur Eröffnung des Symposiums hielt Dr. Tobias Lindner, Staatsminister im Auswärtigen Amt. Er betonte, welchen großen Stellenwert die Krisenfrüherkennung in seiner Arbeit einnehme. Die Erkenntnisse aus dem KompZ KFE sollen weiter in die politische Arbeit einfließen, da sie die Fähigkeiten der Ministerien präventiv zu denken und zu handeln erhöhen. Dr. Lindner sagte, in den 2020er Jahren befänden wir uns in unsicheren Zeiten durch Konflikte auf der Welt, den Ukraine-Krieg, durch eine Pandemie, die seit über zwei Jahren die Welt beschäftigt und die Klimakrise, die zusätzlich alle Menschen auf der Welt betreffen wird. In die Zukunft schauen könnten zwar auch Politiker nicht, doch durch die Arbeit des KompZ KFE, sei es heute möglich Dinge früher kommen zu sehen und präventiv einzugreifen. Um informierte Entscheidungen treffen zu können, seien noch mehr wissenschaftliche Instrumente zur Krisenfrüherkennung nötig, die in die politische Arbeit integriert werden müssen.

Am 24. Februar 2022 sind wir, wie die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte, in einer anderen Welt aufgewacht, der Tag markiere den Beginn einer neuen Ära, so Dr. Lindner. Die Politik müsse ihre Methoden schnell anpassen und die Kräfte bündeln. Er sieht eine neue Zeit der politischen Arbeit anbrechen, da die Menschen in der Bevölkerung ein größeres Interesse an Außenpolitik zeigen und verstehen wollen, wie Entscheidungen getroffen werden. Sein Appell an die Politikerinnen und Politiker lautet: „Wir müssen raus aus unseren Büros, in den Dialog treten und zuhören und Orientation anbieten.“ Das Symposium komme daher zur rechten Zeit um Wissenschaftler und Praktiker aus aller Welt zusammenzubringen um zu sich auszutauschen und Krisenfrüherkennung zu diskutieren. Davon würde dann wiederum auch die Politik profitieren.

Trends in der Krisenvorhersage

In verschiedenen Vortragsrunden stellten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler internationaler Universitäten ihre Forschung zu Aspekten der Krisenfrüherkennung vor. So ging es um die Auswahl und Zugänglichkeit von Datenquellen sowie Methoden zur Auswertung.

Diskussionsrunden zwischen Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft und der Praxis rundeten die beiden Tage ab. So sprachen Prof. Carlo Masala als Projektleiter des KompZ KFE und Brig. Gen. (res.) Yossi Kuperwasser, Institute for Intelligence Methodology Research darüber, wie maschinelles Lernen dabei helfen könne, die Lage für eine krisenhafte Entwicklung zeitnah zu erfassen, zu bewerten und so auch schneller und adäquater zu reagieren. Laut Prof. Masala mache der soziale Faktor immer noch die größte Ungewissheit in der Vorhersage aus, denn keine Technik könne vorhersagen, wie ein Mensch sich entscheiden wird. Doch an allen anderen Faktoren, die durch Daten erkannt und erfasst werden können, könne mithilfe moderner Methoden gearbeitet werden.

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V.l.n.r.: Moderatorin Branka Panic, Prof. Masala und Yossi Kuperwasser (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)

 


Titelbild: Keynotespeakter Dr. Tobias Lindner (li.) und Gastgeber Prof. Carlo Masala (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)