Beteiligung des Institutes an der Entwicklung des Satellitennavigationssystems

Autor: Prof. a.D. Dr.-Ing. Exzellenter Emeritus Bernd Eissfeller

Im Februar 1999 veröffentliche die Europäische Kommission in einer Kommunikation „Involving Europe in a New Generation of Satellite Navigation Services“ ihre Strategie, ein eigenes Satellitennavigationssystem mit dem Namen Galileo aufzubauen. Aufgrund des ambitionierten Zeitplans ergab sich ein massiver Handlungsdruck bei der Lösung technischer Fragen, insbesondere bei der Definition der Galileo Signale.

Das Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung war im Jahr 2000 aufgrund der Vorarbeiten seit 1983 (Berufung Prof. G.W. Hein an die Universität der Bundeswehr München) ein wesentlicher „Know-How“-Träger für GNSS (Global Navigation Satellite System) in Europa. Das Institut wurde aufgrund seiner Expertise deshalb sehr früh mit einer Expertenrolle zu GNSS von Ministerien, Industrie und den Raumfahrtorganisationen (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, European Space Agency ESA, Europäische Kommission) betraut, die es bis heute auf nationaler und europäischer Ebene im Rahmen von Arbeitsgruppen (Working Groups, WG) wahrnimmt.

Working Group CSI (Compatibility, Signals, Interoperability)

Die Working Group CSI ist aus der European Signal Task Force (Gründung im Jahr 2000) hervorgegangen. Ein sehr dringliches Problem bei der Entwicklung von Galileo bestand zunächst in der Allokation von geeigneten Frequenzbändern im L-Band, die mit dem amerikanischen GPS und dem russischen GLONASS-System kompatibel sind. In einem zweiten Schritt wurden dann im Detail digitale Signale für die Dienste von Galileo definiert. Die Arbeitsgruppe von Prof. Hein bekam ein Mandat des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und des DLR mit dem Ziel, die deutsche Position in die Signalarbeiten einzubringen. In Zusammenarbeit mit der französischen Raumfahrtagentur CNES und MoD und des britischen wehrtechnischen Forschungsinstituts DSTL konnte eine Signalstruktur gefunden werden, die auch für die USA akzeptabel war. Die gemeinsame Nutzung von Frequenzen durch Galileo und GPS wurde in der EU-US-Vereinbarung (2004) von der Kommissarin für Verkehr Loyola de Palacio und dem US-Außenminister Colin Powell bei einem US-EU-Gipfel in Irland unterzeichnet. Auf der Basis dieser Vereinbarung wurde im Jahr 2006 ein gemeinsames Signal in einer technischen EU-US-Arbeitsgruppe an der UniBw M entwickelt. Es handelt sich hierbei um den sogenannten MBOC (Multiplexed Binary Offset Carrier), der gleichermaßen für den offenen Dienst bei Galileo und das zivile Signal bei GPS III verwendet wird. Die Signal Task Force wurde nach 2009 in Working Group CSI umbenannt. Auf deutscher Seite werden die Arbeiten durch Prof. i. R. Eissfeller und Prof. Pany in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kommunikation und Navigation des DLR durchgeführt.

Working Group CS (Commercial Service)

Nach den ersten Erfahrungen mit den IOV-Satelliten (In Orbit Validation) musste das Galileo System in einigen Sub-Systemen optimiert werden. Im Rahmen dieses Re-Profilings war es erforderlich, auch den Kommerziellen Dienst (Commercial Service) neu auszugestalten. Seit 2012 arbeitet die Working Group CS an diesem Problem. Als technische Experten auf deutscher Seite sind Prof. Pany und Prof. i. R. Eissfeller involviert. Mittlerweile sind die Arbeiten weit fortgeschritten: Der Commercial Service wird einen Hochgenauen Dienst (HAS) mit dm-Genauigkeit und einen robusten Dienst mit Authentifizierung anbieten. Diese Neuerungen werden derzeit in das Boden- und Raumsegment von Galileo G1G (= erste Generation von Galileo) implementiert.

Working Group EE (European GNSS Evolution)

2015 zeichnete sich ab, dass man sich um die Weiterentwicklung von Galileo, d. h. um die zweite Generation (G2G) frühzeitig kümmern musste. Hierzu wurde bei der Europäischen Kommission die Working Group EE (Evolution) eingerichtet. Im Rahmen dieser WG ist den 27 Mitgliedsstaaten der EU möglich, ihre Interessen in die Entwicklung von G2G einzubringen. Die WG EE dient auch der Kommunikation zwischen allen Beteiligten: Wesentliche Dokumente für die Entwicklung von G2G wie z.B. das High Level Dokument (HLD) wurden erarbeitet. Die WG EE nimmt auch an den technischen Reviewprozessen im G2G-Programm teil. Als technischer Experte wurde Prof. i. R. Eissfeller ernannt, der in der WG die Vertreter des BMVI und des DLR Raumfahrtmanagements berät.

Die aufgeführten WGs sind organisatorisch bei dem European GNSS Programme Committee der EC als Beratungseinheiten aufgehängt.

 


Aufmacherbild: Brüssel – hier tagen die Working Groups (© iStockphoto / LisaValder)