PriMR (DFG)

 

Mixed-Reality-Headsets (MR) bieten großartige Möglichkeiten für eine breite Palette von Anwendungen, unter anderem in den Bereichen Entertainment, Arbeit, Bildung und Marketing. Mit MR können die Nutzer in eine virtuelle Welt eintauchen (Virtual Reality) oder ihre Sicht auf die reale Welt mit virtuellen Inhalten erweitern (Augmented Reality). MR ermöglicht z.B. Besprechungen oder Kooperationen an verschiedenen Orten, bei denen einige Nutzer vor Ort sind, während andere aus der Ferne teilnehmen. Es wird viel diskutiert, ob - und wenn ja wann - die Vision des Metaversums Wirklichkeit werden wird. Unbestritten scheint jedoch, dass MR-Headsets eine ähnliche Verbreitung erfahren werden wie Smartphones und Smartwatches, d.h. sie werden zu einer allgegenwärtigen Technologie.

 

MR-Headsets nutzen eine Reihe von Sensoren (darunter viele Kameras) und bringen sie näher an den menschlichen Körper heran, so dass sensible Daten erfasst, verarbeitet und mit Dritten geteilt werden können. Modernste Headsets bieten bereits Zugang zu Verhaltensdaten (z. B. Hand- und Körperbewegungen, Blickbewegungen), physiologischen Daten (z. B. Elektroenzephalografie, Herzfrequenz), Kontextdaten (z.B. Größe des Überwachungsraums, Umstehende) und Gerätespezifikationen. Aus diesen Daten lassen sich Rückschlüsse auf demografische Merkmale des Benutzers (z. B. Alter, Geschlecht, Händigkeit), seine Gesundheit und sein Wohlbefinden (z. B. Reaktionszeiten, Fitnessniveau) sowie auf Beeinträchtigungen (z. B. Seh- oder Bewegungsstörungen) ziehen. Es ist offensichtlich, dass solche Daten sensibel sind. Während sie für MR-Benutzer (z. B. neue Funktionen) und Interessengruppen (z. B. für gezielte Werbung) von Nutzen sind, haben sie für die Benutzer schwerwiegende Auswirkungen auf den Datenschutz.

 

Das Spannungsverhältnis zwischen der Nutzung und dem Schutz sensibler Daten ist nicht neu: Mit dem Aufkommen sozialer Netzwerke in den frühen 2000er Jahren wurden Nutzerdaten zu einer primären Einnahmequelle. Die Identifizierung und Analyse des Nutzerverhaltens durch Cookies von Drittanbietern (Tracking-Cookies) ermöglichte nicht nur gezielte Werbung, sondern auch das Vorantreiben politischer Agenden (vgl. den Skandal um Cambridge Analytica). Da Smartphones zum wichtigsten Mittel für den Internetzugang geworden sind, sind Audio-, Video- und Geolokalisierungsdaten für Dienste und Apps weithin verfügbar. Wearables bieten Zugang zu gesundheitsrelevanten Informationen, und Smart-Home-Assistenten ermöglichen es den Nutzern, bei Aktivitäten im privaten Raum beobachtet zu werden. MR-Headsets ermöglichen eine natürliche Fortsetzung dieses Trends und schaffen, insbesondere durch den Einsatz von Kameras, eine neue Herausforderung, Nutzer beim Schutz ihrer Privatsphäre zu unterstützen. Kameras sind zwar notwendig, um die Verfolgung und Interaktion zu ermöglichen, aber die erfassten Kameradaten können auch missbraucht werden. Dies stellt eine inhärente Herausforderung dar, da der Zugang zu den Daten notwendig ist, um ein leistungsstarkes Mixed-Reality-Erlebnis zu schaffen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Nutzer und deren Umfeld in die Lage zu versetzen, ihre Daten vor einer ungewollten Nutzung durch Dritte zu schützen.

 

Ziel dieses Projekts ist es, zu untersuchen, wie Benutzerschnittstellen für die Kontrolle der Privatsphäre für Mixed Reality entwickelt werden können. Die wichtigsten Herausforderungen, mit denen sich dieses Projekt befasst, sind (1) die Frage, wie Nutzer und Umstehende für die Auswirkungen der Nutzung von MR-Technologie auf die Privatsphäre sensibilisiert werden können und (2) wie sie mittels neuartiger Benutzerschnittstellen in die Lage versetzt werden können, vernünftige Entscheidungen in Bezug auf die Sammlung, Verarbeitung und Weitergabe von Daten durch MR-Geräte und -Anwendungen zu treffen.