3D-Druck von HF-Hohlraumresonatoren

In modernen Beschleunigeranlagen werden geladene Teilchen (z. B. Elektronen, Protonen etc.) mit der Hilfe von Hochfrequenzhohlraumresonatoren (HF-Hohlraumresonatoren) auf relativistische Geschwindigkeiten, in manchen Fällen bis nahe zur Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Diese HF-Hohlraumresonatoren sind Strukturen aus hochleitenden Materialien (z. B. Aluminium, Kupfer, deren Legierungen oder Supraleiter) die ein offenes Volumen - den Hohlraum (Cavity) – umschließen. In die Cavity wird ein elektromagnetisches Hochfrequenz-Feld (HF-Feld) eingespeist, welches mit den Teilchen interagiert, wenn diese die Cavity passieren. Entspricht die Frequenz des HF-Feldes der durch die Cavity Geometrie definierten Resonanzfrequenz, erhöht sich die Energie des HF-Feldes mit jeder Schwingung. Daraus resultiert eine Überhöhung der Feldamplituden, wobei die elektrische Feldkomponente zur Beschleunigung von Teilchen genutzt wird.

Das Ziel des Cavity-Designs ist es, die effektive Beschleunigerspannung über eine möglichst kurze Beschleunigerstrecke zu maximieren, um effiziente und kompakte Beschleunigeranlagen zu realisieren zu können.

Aus folgenden Gründen ist dafür eine gewisse Komplexität der inneren Hohlraumresonator-Geometrie notwendig:

  1. Die Teilchen sollen beim Durchqueren der Cavity mehrere HF-Zyklen durchlaufen (viele Beschleunigungsschübe erfahren), um die in die Cavity eingekoppelte Leistung bestmöglich zu nutzen. Damit die Teilchen aber nur mit den beschleunigenden E-Feld-Phasen der HF-Zyklen interagieren, müssen sie in bestimmten Abständen durch komplexe Geometrien in der Cavity abgeschirmt werden.
  2. Aufgrund ohmscher Verluste führt die in die Cavity eingekoppelte RF-Leistungen bei normalleitenden Hohlraumresonatoren zu einer thermischen Belastung und damit durch Materialausdehnung zur Veränderung der Cavity-Geometrie. Die resultierende Veränderung der Resonanzfrequenz verhindert eine resonante Leistungseinkopplung und damit eine maximale E-Feld-Amplitude. Um die thermische Last zu kompensieren, müssen Hohlraumresonatoren mit komplexen Kühlkanal-Strukturen ausgestattet werden.

Die Komplexität der inneren Geometrien und der Kühlkanäle von Hohlraumresonatoren lassen eine traditionelle (spanende) Fertigung in einem Stück nicht zu. Stattdessen werden Hohlraumresonatoren traditionell aus mehreren einzelnen Teilkomponenten gefertigt, die anschließend durch Fügeverfahren wie Hartlöten, Elektronenstrahlschweißen o. Ä. verbunden werden, um eine hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit sowie Vakuumdichtheit zu garantieren. Diese traditionelle Herstellungsmethode ist zeitaufwendig, fehleranfällig und sehr teuer.

3D-Druck-Verfahren (oder additive Fertigungstechniken) bieten die Möglichkeit, komplexe Geometrien durch schichtweises Auftragen und lokales Verbinden von Material herzustellen. Dadurch ergibt sich im Vergleich zu traditionellen Verfahren zum einen eine deutlich größere Designfreiheit und zum anderen die Möglichkeit, Einzelanfertigungen und Kleinserien deutlich schneller und auch preisgünstiger zu produzieren. Dennoch spielt diese Technologie für die Herstellung von normalleitenden Hohlraumresonatoren, wie sie überwiegend in Beschleunigeranlagen eingesetzt werden, bisher kaum eine Rolle. Das liegt vor allem daran, dass normalleitende Hohlraumresonatoren in der Regel aus hochreinem Kupfer gefertigt werden und dieses Material aufgrund seiner hohen Wärmeleitfähigkeit und Reflektivität (im Infrarot-Bereich) mit 3D-Druck-Verfahren bisher nur schwer oder gar nicht verarbeitet werden kann.

Die hervorragenden elektrischen und thermischen Eigenschaften von hochreinem Kupfer sind für viele Industriezweige jedoch von entscheidender Bedeutung. Deshalb wurden in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen und schlussendlich entscheidende Fortschritte erzielt, wodurch 3D-Druck von hochreinem Kupfer möglich wurde. Dabei eignen sich vor allem die 3D-Druck-Verfahren selektives Laserschmelzen (SLM) und selektives Elektronenstrahlschmelzen (EBM) für die Verarbeitung von hochreinem Kupfer

Das Institut für Angewandte Physik und Messtechnik (LRT2) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Hohlraumresonatoren zu entwickeln, die mithilfe des SLM- oder EBM-Verfahren hergestellt werden können.

Dabei ist es das oberste Ziel, aufzuzeigen, dass 3D-Druck im Vergleich zu traditionellen Fertigungsmethoden das grundlegende Potenzial bietet Hohlraumresonatoren mit vergleichbar hohen HF-Performance zu deutlich reduzierten Kosten herzustellen. Mittlerweile war es uns möglich, einen Prototyp eines Driftröhrenlinearbeschleunigers (DTL) zu entwickeln, dessen Hohlraumresonator mittels SLM aus hochreinem Kupfer hergestellt werden konnte (Veröffentlichung). Dieser Prototyp zeigt bei niedrigen bis mittleren HF-Leistungen schon heute eine HF-Performance die mit traditionell hergestellten LINAC-Strukturen vergleichbar ist. Eine Evaluation und Optimierung der HF-Performance bei hoher HF-Leistung soll folgen. Dafür soll im Rahmen unseres Projekts ein Hochleistungsteststand entwickelt und realisiert werden. Außerdem ist geplant, Methoden zu entwickeln, um die Oberflächenrauheit der Cavity-Wände nach dem Druck zu reduzieren und damit die HF-Performance zu steigern.

Ein DTL wurde gewählt, weil diese Art Linearbeschleuniger in vielen Beschleunigeranlagen weltweit zum Einsatz kommt und somit das Potential von 3D-Druck zusätzlich unterstreicht. Gleichzeitig wollen wir aber auch daran forschen, wie die durch den 3D-Druck gewonnene geometrischer Gestaltungsfreiheit zur Realisierung völlig neuer Cavity-Geometrien und zur Optimierung bereits bekannter Hohlraumresonator-Konzepte genutzt werden kann.

Weltweit werden mehr als 30000 Ionen- und Elektronenbeschleuniger für eine Vielzahl von Anwendungen wie die physikalische Grundlagenforschung, die Strahlentherapie zur Behandlung von Tumoren oder die Materialforschung eingesetzt. Bei der Realisierung von Beschleunigeranlagen verursachen traditionellen Herstellungsverfahren enormen Kosten und limitieren gleichzeitig die geometrische Gestaltungsfreiheit. Wir sind daher überzeugt davon, dass 3D-Druck-Verfahren die Entwicklung und Herstellung von HF-Hohlraumresonatoren revolutionieren werden (Patent).

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