Modelle der psychischen Elastizität

24 Mai 2019

Mit Prof. Steven M. Boker hieß die Universität der Bundeswehr München am 9. Mai 2019 einen der führenden Spezialisten im Bereich der quantitativen Psychologie weltweit willkommen.

Prof. Dr. Timo von Oertzen stellte seinen Kollegen von der University of Virginia vor, der den Universitätsangehörigen und Studierenden in seinem Vortrag „Multi-Timescale Models of Resiliency Across the Lifespan“ Einblicke in die Anwendung der mathematischen Modellierung für die Erforschung der Auswirkungen von Stresssituationen bot.

Interdisziplinäre Ansätze

Stresserfahrungen können betroffene Personen traumatisieren oder auch ihre psychische Widerstandsfähigkeit steigern. Ein bestimmtes Stress-Level kann für eine Person erträglich, für eine andere aber bereits gesundheitsschädlich sein. Die Erkundung dieser Grenzen und Unterschiede sei wohl am Spannendsten in der Resilienzforschung, so Prof. Boker. Der psychologische Begriff der Resilienz weist Parallele zu einem Begriff aus dem Bereich Physik auf, demjenigen der Elastizität. Die Fähigkeit zur Krisenbewältigung und zum angemessenen Umgang mit hohen psychischen Belastungen ähnelt der Eigenschaft von Körpern und Stoffen, nach Verformungen durch äußere Einwirkungen in ihre ursprüngliche Form zurückzukehren. So können physikalische Gesetze, die elastische Verformungen beschreiben, wie etwa der 1678 formulierte Hookesche Gesetz, in die Erstellung von Modellen des Umgangs von Personen und Gruppen mit Stress integriert werden.

Lassen sich Stressauswirkungen vorhersagen?

Die Daten, die zur Modellierung des Umgangs mit Stress verwendet wurden, stammen aus einer Langzeitstudie, die von der University of Notre Dame in den USA in den Jahren 2006 bis 2016 durchgeführt wurde und die Entwicklungen in der psychischen und körperlichen Gesundheit von insgesamt 1000 Personen im Alter zwischen 18 und 75 Jahren verfolgt hat. Dabei wurden die Daten zu vorhandenen Stressoren und zu ihren langzeitigen Auswirkungen berücksichtigt. Das entstandene Modell ermöglicht es, Voraussagungen zu Konsequenzen von Stresssituationen mit Berücksichtigung der demographischen Variablen wie Alter, Geschlecht, Bildungsniveau und sozialer Status der betroffenen Person zu treffen. Besonders gut eignet es sich für die Einschätzung der potentiellen positiven Effekte der überstandenen psychischen Belastungen. Zum Schluss resümierte Prof. Boker: Die Mathematik erweist sich immer wieder als ein besonders wertvolles und faszinierendes Werkzeug der Psychologie.

Text: Olga Lantukhova, Bild: Adobe/JJ'Studio