Raketenflug

Am Beispiel eines senkrechten Raketenfluges wollen wir ein weiteres Optimierungsproblem lösen.

Problem

AtlasVRollout_NASA.JPG

Gegeben sei eine Rakete, die senkrecht starten soll. Zum Zeitpunkt tstart.png befindet sich die Rakete auf dem Boden, hat also die Höhe htstart.png. Außerdem befindet sie sich in Ruhe, vtstart.png, und hat eine Masse m0g0.png.

Wir wollen den Senkrechtstart vereinfacht mathematisch beschreiben und mithilfe dieses Modells ausrechnen, wie hoch der Treibstoffdurchsatz sein muss, damit die Rakete so hoch wie möglich fliegt.

Dabei muss beachtet werden, dass sich nur Treibstoff mit der Masse Deltam.png in der Rakete befindet.

Modellierung

Als Erstes müssen die Bewegungsgleichungen aufgestellt werden.

Unter einer Bewegungsgleichung versteht man eine mathematische Gleichung oder auch ein Gleichungssystem, die die räumliche und zeitliche Entwicklung eines mechanischen Systems vollständig beschreibt. (Wikipedia)

Uns interessiert vor allem die Höhe der Rakete. Aus dem Physikunterricht wissen wir, dass die Änderung der Höhe bei senkrechtem Flug der Geschwindigkeit entspricht.

hpunkt.png

Aber ist dadurch das System schon vollständig beschrieben? Nein, da sich die Geschwindigkeit der Rakete mit der Zeit auch verändert. Dazu nehmen wir an, dass der Schub T.png vom Treibstoffdurchsatz beta.png abhängt, den wir steuern wollen: tcbeta.png. Der Schub ist eine Kraft, und damit ist Schub geteilt durch Raketenmasse eine Beschleunigung und wir können auch die Änderung der Geschwindigkeit angeben

vpunkt.png

wobei g.png die Erdbeschleunigung ist, die der Beschleunigung durch den Schub entgegenwirkt. Unser System ist aber immer noch nicht vollständig beschrieben, da sich die Masse unserer Rakete ändert wenn wir Treibstoff verbrauchen. Hier ist der Zusammenhang allerdings sehr einfach beschrieben durch

mpunkt.png

da die Rakete genau um den Treibstoffdurchsatz leichter wird. Dieser ändert sich nicht mit der Zeit, also ist unser System nun vollständig. Wirklich rechnen können wir allerdings mit unseren Bewegungsgleichungen noch nicht. Denn die Ableitungen lassen sich ohne weiteres nicht in die jeweiligen Funktionen einsetzen.

Zuerst bestimmen wir mt.png durch Integration von null.png bis kleint.png:

mtint.png

Dieses Ergebnis können wir jetzt in die Gleichung von vpunktallein.png einsetzen und auch dort von null.png bis kleint.png integrieren um die Stammfunktion zu finden.

vtneu.png

Bei dieser Rechnung müssen wir ein paar Tricks benutzen. Einer davon ist, anstatt kleint.png innerhalb des Integrals tau.png zu benutzen und kleint.png als variable obere Grenze zu setzen. Dadurch ist das Ergebnis der Integration genau das vt.png was wir suchen. Zuerst trennen wir das Integral auf

vtsol2.png

und wir sehen sofort, dass sich das rechte Integral sehr leicht lösen lässt. Das linke Integral kann mithilfe von Substitution (oder einer geeigneten Formelsammlung) gelöst werden, da fracg.png ein Standardfall ist. Also erhalten wir im nächsten Schritt

vtsol3.png

was auch definiert ist, weil wir keine mtknull.png zulassen. Eine Rakete wird schließlich auch noch etwas wiegen, sobald der Treibstoff verbraucht ist. Da die Anfangsgeschwindigkeit vnull.png ist können wir nun die Rechenregeln für den natürlichen Logarithmus ausnutzen und erhalten schließlich

vtsol.png

Im letzten Schritt setzen wir unsere Lösung für vt.png in die Differentialgleichung für die Höhe hallein.png ein und integrieren wieder, um die Stammfunktion zu finden:

htint.png

Die Lösung dieses Integrals bedarf einer etwas längeren Rechnung die im Anhang am Ende der Seite ausgeführt wird. Das Ergebnis ist

htsol.png

Damit haben wir eine Funktion ht.png die beschreibt, wie sich die Höhe der Rakete verhält, abhängig davon wie wir den Treibstoffdurchsatz beta.png wählen.

Lösung

Die Dynamik der Rakete haben wir erfolgreich modelliert. Weiter geht es mit der Lösung des Problems. Wir haben die Gleichung der Höhe in Abhängigkeit von Zeit und gewähltem Treibstoffdurchsatz, aber wir wollen nur den Treibstoffdurchsatz beta.png wählen. Da wir nur die begrenzte Menge Deltam.png an Treibstoff zur Verfügung haben, ist der Zeitpunkt tfallein.png, ab dem kein Treibstoff mehr vorhanden ist, festgelegt durch

tfrechn.png

und wir können die Höhe htf.png zu diesem Zeitpunkt ausrechnen:

htfrechn.png

Die Höhe hängt jetzt nur noch vom Treibstoffdurchsatz beta.png ab. Um die Formel lesbarer zu machen schreiben wir

D1D2.png

Damit ergibt sich für unsere Zielfunktion

fbetaformel.png

Die Funktion fbeta.png beschreibt unsere Höhe in Abhängigkeit von unserem Treibstoffdurchsatz beta.png. Von dieser Funktion suchen wir das Maximum, dazu bilden wir zuerst die erste Ableitung bezüglich beta.png und suchen die Nullstellen

fstrichbeta.png

Nun prüfen wir die hinreichende Bedingung für ein Maximum. Dazu bilden wir die zweite Ableitung und setzen die Nullstelle der ersten Ableitung ein

fstrichstrichbeta.png

Damit ist gezeigt, dass sich bei betaD1D2.png ein lokales Maximum der Funktion fbeta.png befindet. Dieser Wert gibt an, wie hoch der Treibstoffdurchsatz sein muss, damit die Höhe der Rakete in unserem einfachen Modell maximal wird. Der Fall betanull.png, an dem unsere Zielfunktion eine Polstelle aufweist wird ausgeschlossen, da ohne Treibstoffdurchsatz auch der Schub Tnull.png ist, und damit kein Flug möglich ist.

Beispiel mit realen Werten

In Bearbeitung

Ungenauigkeiten des Modells

Es ist wichtig darüber nachzudenken, wo unser Modell ungenau ist, damit wir die Ergebnisse richtig interpretieren können.

Einen Fehler machen wir beispielsweise bei der Annahme, dass die Erdbeschleunigung g.png konstant ist. Diese Annahme beeinflusst unsere Gleichung vpunktallein.png. Eigentlich hängt die Erdbeschleunigung aber von der Höhe ab: ght.png. Falls unsere Rakete nicht allzu hoch fliegt, sollte der Fehler allerdings recht klein sein. Würden wir eine nichtkonstante Erdbeschleunigung in unser Modell aufnehmen, wäre es deutlich schwieriger auszurechnen, wie wir die Rakete möglichst hoch fliegen lassen können.

Unser Modell berücksichtigt auch nur einen Treibstofftank, der nicht abgeworfen werden kann. Bei einem Spaceshuttle beispielsweise gibt es einen Außentank und zwei Feststoffbooster (Raketen), die abgeworfen werden, sobald sie nicht mehr benötigt werden, wie man bei diesem YouTube Video zum Space-Shuttle Start sehen kann.

Das verändert natürlich die Masse der Rakete.

Dies waren nur Beispiele für Fehler in unserem Modell. Fallen Ihnen weitere Ungenauigkeiten ein?

Anhang

Berechnung von

htint.png

Die Summanden des Integrals werden einzeln berechnet, und wir benutzen hnullnull.png

htint1.png

Mit partieller Integration (1), Addition von nullmnull.png (2), der Integrationsregel intregel.png (3) und den Rechenregeln des Logarithmus ergibt sich weiter

htint2.png