Das Institut für Strahlantriebe wurde am 1. April 1980 unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Leonhard Fottner gegründet. Zunächst erfolgte der Aufbau, dann der ständige Ausbau der Instituts-Infrastruktur. So konnte in den folgenden Jahren eine beachtliche Anzahl an Versuchsanlagen aufgebaut werden. Neben der Triebwerks-Versuchsanlage und dem Hochgeschwindigkeits-Gitterwindkanal, der im Jahre 1985 vom DLR Braunschweig übernommen wurde, konnten ein Verdichterprüfstand mit einem 5-stufigen Axialverdichter sowie ein Versuchsstand für Abblaseluft-Systeme in Betrieb genommen werden.

Die Leistungen Prof. Fottners wurden durch zahlreiche Mitgliedschaften und Auszeichnungen weltweit gewürdigt, so beispielsweise durch die Verleihung des Scientific Achievement Awards der AGARD (Advisory Group for Aerospace Research and Development) im Jahre 1994.

Nach dem plötzlichen Tod Prof. Fottners im Juni 2002 wurde die Institutsleitung kommissarisch von Prof. Dr.-Ing. Werner Staudacher übernommen. Vom 1. März 2006 an wurde das Institut für Strahlantriebe von Prof. Dr.-Ing. Reinhard Niehuis geleitet, der zuvor 13 Jahre im Entwicklungsbereich bei MTU Aero Engines in München und 8 Jahre als Universitäts-Professor und Leiter des Instituts für Strahlantriebe und Turboarbeitsmaschinen an der RWTH Aachen tätig war. Unter seiner Leitung wurde besonderes Augenmerk auf die ständige Weiterentwicklung der Forschungskompetenzen des Instituts gelegt. Dies betraf die kontinuierliche Verbesserung und der konsequente Ausbau der Versuchsanlagen, die Modernisierung und Erweiterung der eingesetzten Mess- und Versuchstechnik sowie die Unterstützung der experimentellen Forschungsaktivitäten durch begleitenden Einsatz leistungsfähiger numerischer Rechenverfahren, inklusive deren Weiterentwicklung. Zum 01.04.2022 trat Herr Prof. Niehuis in den Ruhestand ein und Herr Prof. Kožulović überahm die Leitung des Instituts.

Ein wichtiger Meilenstein in der jüngeren Geschichte des Instituts war die Gründung des Kompetenzzentrums More Electric Engine im Jahr 2007 mit der MTU Aero Engines. Im Rahmen des Kompetenzzentrums konnte in Zusammenarbeit mit dem Industriepartner MTU und mit finanzieller Unterstützung der Regierung von Oberbayern ein neuer Versuchsträger an der Triebwerks-Versuchsanlage des Instituts in Betrieb genommen werden. Dieses sogenannte MexJET Flugtriebwerk basiert auf einem Prototyp eines der derzeit modernsten militärischen Triebwerke Europas, dem EJ200. Nach erfolgreichem Abschluss der Umbaumaßnahmen zur Befähigung der Triebwerks-Versuchsanlage für den Betrieb eines solchen leistungsstarken Strahltriebwerks und dessen erfolgreichen Erstlaufes, steht nun ein hochmodernes Flugtriebwerk als zusätzlicher Versuchsträger für unterschiedlichste Forschungsaufgaben zur Verfügung.

Ein weiterer Meilenstein war die im Jahr 2017 durchgeführte Revision und Modernisierung des Hochgeschwindigkeits-Gitterwindkanals. In einer Umbauphase von nur vier Monaten wurden alle Hauptkomponenten wie Antriebsmotor, Getriebe, Axialverdichter und Hauptkühler durch Komponenten neuestem technischen Standes und höherer Leistung ersetzt. Durch Installation und Inbetriebnahme eines Datenerfassungssystems neuester Technologie ist der sehr intensiv genutzte Großprüfstand ertüchtigt für zukünftige anspruchsvolle Forschungsaufgaben. Der Prüfstand gehört nun zu den Einrichtungen mit der größten Bandbreite an Betriebspunkten und die Einzigartigkeit der Anlage in der Forschungslandschaft sichert die Zukunftsfähigkeit der Forschungseinrichtung für die nächsten Jahrzehnte.

Zusätzlich zu den experimentellen Untersuchungen wurden bereits seit Gründung des Instituts numerische Untersuchungen zu unterschiedlichsten Fragestellungen der Turbomaschinenaerodynamik durchgeführt. Die Numerik stellt eine ideale Ergänzung der vielfältigen experimentellen Untersuchungen an den Prüfständen des Instituts dar. Im numerischen Bereich bilden die Validierung der eingesetzten Strömungslöser anhand von experimentell gewonnenen Daten sowie der Einsatz der validierten Strömungslöser zur Unterstützung der wissenschaftlichen Analyse experimenteller Daten und zur Erarbeitung eines verbesserten Verständnisses der komplexen Strömungsphänomene in Turbomaschinen den Schwerpunkt der Arbeiten. Außerdem finden sie Ihren Einsatz bei der Beurteilung und Verbesserung von Turbomaschinenkomponenten.

Aktuelle Forschungsarbeiten konzentrieren sich u.a. auf die Aerodynamik von anwendungsnahen Verdichter- und Turbinenprofilen, den Wärmeübergang gekühlter Bauteile, die Sekundärströmungen in Turbomaschinenbeschaufelungen, die Strömungsbeeinflussung von Turbomaschinenströmungen mit passiven und aktiven Maßnahmen, Verdichterinstabilitäten, Pumpgrenzfrüherkennung in Triebwerksverdichtern, komplexe Triebwerkseinläufe, Einlaufstörungen sowie die Aerodynamik von Triebwerks-Versuchsanlagen.

Die Präsentation der Forschungsergebnisse des Instituts für Strahlantriebe erfolgt regelmäßig auf allen wichtigen internationalen Turbomaschinen-Tagungen. Der Praxisbezug der Forschungsarbeiten am Institut ist durch ständigen Kontakt und intensive Zusammenarbeit mit den großen Firmen der Turbomaschinen-Branche gegeben, wie z.B. MTU Aero Engines, MAN Turbo & Diesel SE, Rolls Royce Deutschland und General Electric.

Den Stellenwert der Lehre am Institut verdeutlicht die Bereitstellung einer Versuchsanlage mit einstufigem Radialverdichter, einer einstufigen Axialturbine und eines realen Flugtriebwerks für das antriebstechnische Gerätepraktikum. Ferner werden zahlreiche studentische Arbeiten am Kleingasturbinenprüfstand, den anderen Prüfständen oder im numerischen Bereich durchgeführt. Alle Versuchsanlagen sind instrumentiert und ermöglichen den Studenten die eigenständige Messwerterfassung und -auswertung.