Welchen Einfluss haben regionale Zufriedenheitsindikatoren auf das Beschwerdeverhalten von Patienten? Analyse anonymer Arztbewertungen im Web 2.0

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Shortfacts

Projektlaufzeit: 03/2014 - 12/2014
Projektleitung: Prof. Dr. Michaela Geierhos
Förderprogramm: Verbraucherforschung des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen
Höhe der Förderung: 21.744 EUR


Relevanz für die Verbraucherforschung

Ziel der im Rahmen dieses Projektes durchzuführenden Analyse anonymer Bewertungen von Ärztinnen und Ärzten im Web 2.0 ist neben der Messung der Zufriedenheit von Patientinnen und Patienten, auch die Generierung eines detaillierten Erfahrungs- und Beschwerdebildes sowie die Aufklärung bestehender „Patienten-Mythen“. Beschweren sich beispielsweise ältere Personen öfter, schneller oder intensiver als die jüngeren? Werden Privatversicherte tatsächlich besser behandelt und wenn ja, verbringen sie auch weniger Zeit im Wartezimmer? Inwiefern prägt die regionale Herkunft das Beschwerdeverhalten?

Die Messung der Zufriedenheit  verfolgt dabei das Ziel der nachhaltigen Verbesserung der Beziehung von Behandelnden und Behandelten. Nur wenn die Zufriedenheit der Behandelten adäquat interpretiert wird, können Behandelnde ihr Dienstleistungsangebot entsprechend optimieren und die in ihre Praxis kommenden Personen zufrieden stellen. Dies hat auch Einfluss auf den Behandlungserfolg. Denn: wer zufrieden ist, hält sich in höherem Maße an die vorgegebene Behandlung und nimmt Ratschläge des medizinischen Fachpersonals eher an. Weitere Vorteile, die sich ergeben, sind ein vertrauensvollerer Umgang, erhöhte Kooperationswilligkeit sowie mehr Offenheit im persönlichen Dialog. Da die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten zugleich ein Schlüsselkriterium für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg einer Praxis ist, führt die Erhebung und angemessene Interpretation der Zufriedenheitsdaten zu einer „Win-Win-Situation“ auf beiden Seiten.


Erkenntnisgewinn über Einflussfaktoren auf die Patientenzufriedenheit

Im Gegensatz zu bisherigen, klassischen Zufriedenheitserhebungen über das Telefon oder anderen Medien mit (direktem) Gesprächskontakt, ermöglicht unsere Zufriedenheitsmessung über Bewertungsportale im Web 2.0 die Erhebung eines unverzerrteren Meinungsbildes. In der Anonymität des Internets steigt die Bereitschaft Beschwerden auszudrücken, denn die befragte Person hat kein Bedürfnis aus Gründen der Höflichkeit, aus Angst vor einer unangenehmen Situation oder einer Verletzung der sensiblen Beziehung, seine ehrliche Meinung zu verbergen.

Die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten wird unter mehreren Gesichtspunkten untersucht. Unter anderem ist die Krankenkassenzugehörigkeit von Bedeutung. Hier wird von einem abweichenden Bewertungsverhalten bezüglich der Individualerfahrungen von Privat- und Kassenpatienten ausgegangen. Ferner wird angenommen, dass den Bewertungskriterien (u.a. „Wartezeit“ und „Behandlungszeit“) in Abhängigkeit der Kassenart eine unterschiedliche Relevanz zugeordnet wird. Damit geht die Vermutung einher, dass Privatversicherte kürzeren Wartezeiten ausgesetzt sind. Neben den kassenspezifischen Aspekten geben Angaben über Alter und Geschlecht Aufschluss über das Beschwerdeverhalten und die Zufriedenheit der Behandelten: Es wird angenommen, dass Männer eine höhere Zufriedenheit mit den Leistungen aufweisen und die Beschwerden über die medizinische Dienstleistung mit steigendem Alter zunehmen.

Eine weitere Besonderheit unseres Projektvorhabens ist die Berücksichtigung regionaler Zufriedenheitsindikatoren (Lebensqualität, Höhe des Einkommens, Beschäftigungsquote) innerhalb eines Landes bei der Untersuchung des Beschwerdeverhaltens. Inwiefern prägt die regionale Herkunft das Beschwerdeverhalten? Sind die Personen aus glücklicheren Regionen eher dazu bereit sich zu beschweren als Personen aus anderen, weniger glücklichen Regionen? Die Berücksichtigung solcher Faktoren, welche sich auf das Beschwerdeverhalten der behandelten Personen auswirken, aber nichts mit der Behandlungsqualität an sich zu tun haben, sind essentiell, um aus der gemessenen Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten korrekte Rückschlüsse zu ziehen.


Umsetzung - Vorgehen und Systematik

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Um ein detaillierteres Erfahrungs- und Beschwerdebild zu generieren, wird eine umfangreiche Analyse der Online-Erfahrungsberichte angestrebt. Im Mittelpunkt des methodischen Interesses steht hierbei die Erprobung von computerlinguistischer Verfahren der Datenerhebung und -auswertung von Bewertungen medizinischer Dienstleistungen.

Die computergestützte Datengenerierung erlaubt es hierbei, besonders große Datenmengen zu erheben, so dass sie anschließend durch eigens entwickelte Analysealgorithmen ausgewertet werden können. Um bei der Analyse der Zufriedenheit der behandelten Personen regionale Zufriedenheitsindikatoren zu berücksichtigen, findet eine regionale Untergliederung der Zufriedenheit statt, wie sie in der Abbildung oben beispielhaft zu sehen ist. Diese ermöglicht Patientinnen und Patienten ein qualifiziertes Informations- und Beschwerdeverhalten, in welchem die Dienstleistung regional verglichen werden kann.