Masterstudium Cyber-Sicherheit: Ein Niederländer bei der Bundeswehr

28 November 2019

Eine deutsch-niederländische Kooperation existiert schon seit einigen Jahren und wird nun im Bereich Ausbildung weiter intensiviert. Im September dieses Jahres hat sich der niederländische Offizier Sander Wieriks auf Einladung des Kommandos Cyber- und Informationsraum (Kdo CIR) an der Universität der Bundeswehr in München  eingeschrieben. Er ist als erster ausländischer Kursteilnehmer für den Masterstudiengang Cyber-Security eingeplant.

Ein Soldat an einem Rechner

Das Pensum ist nur mit eigenständiger Vor- und Nachbereitung zu schaffen.

Inmitten der anderen Studierenden auf dem Campus fällt er sofort auf, nicht nur, weil er die meisten mit seinen 1,93 Metern Körpergröße überragt. Zudem trägt  er einen Feldanzug der Niederländischen Streitkräfte. Kapitein Sander Wieriks ist gerade auf dem Weg zur Bibliothek, um einige Mathematikbücher zur Nachbereitung der Vorlesungen auszuleihen. Im Moment heißt es für ihn nur Mathe, Mathe und nochmals Mathe. „Es ist jetzt 16 Jahre her, dass ich mein Abitur gemacht habe. Das Lerntempo hier ist sehr intensiv, daran muss ich mich erst wieder gewöhnen, aber es geht schon“, sagt Wieriks mit einem Lächeln.

Top-Thema Cyber-Sicherheit

Er muss fit sein in den mathematischen Methoden, um die Konzepte, die etwa hinter Kryptologie oder Datenanalyse stehen, zu verstehen. „Mathematik ist die Sprache des Computers. Wenn man im Bereich Cyber-Sicherheit arbeitet, muss man wissen, wie ein Computer funktioniert, wie Verbindungen hergestellt werden. Wenn man nicht weiß, wie ein System aussehen soll, erkennt man seine Schwächen nicht“, erläutert Wieriks. Er fügt hinzu: „Ähnlich wie ein Mediziner, der den Körper und seine Funktionen kennen muss, um seinen Patienten heilen zu können.“

Bündelung der Kräfte in der Cyberabwehr

Ein Sodat mit einem Buch in der Hand

Um analoge Bücher kommt man selbst im Studiengang Cyber-Security nicht herum.

Dass Wieriks an der Bundeswehr-Universität studiert, hat er der verstärkten Zusammenarbeit zwischen den deutschen und niederländischen Streitkräften im Cyber- und Informationsraum zu verdanken. Beide Nationen steuern nun auch im akademischen Kontext einen vermehrten Austausch an, um in der Zusammenarbeit im Bereich der Cyberabwehr eine gemeinsame Sprache zu sprechen und auf gemeinsame Methoden zurückgreifen  zu können. Daher hat das Kommando CIR das Defence Cyber Command (DCC) der Niederländischen Armee eingeladen, einen Soldaten zum Masterstudium Cyber-Sicherheit nach München zu schicken. Und der 34-jährige Wieriks wurde ausgewählt.

Faszination für Technik und Sport

Neben einem guten Verständnis für Technik und Mathematik waren sehr gute Deutschkenntnisse Voraussetzung für seine Nominierung, da das Studienprogramm größtenteils auf Deutsch abläuft. Wieriks, der als Jugendlicher fünf Jahre in Deutschland lebte und sein Abitur in Indonesien absolvierte, kam mit 17 Jahren zurück in die Niederlande. Dort stand für ihn zunächst Rugby an vorderster Stelle, er spielte sogar in der ersten Liga. Aber Wieriks suchte nach einer Möglichkeit, seine Leidenschaft für Technik und Sport verbinden zu können. Er fand sie beim Militär: 2008 begann er eine Offiziersausbildung an der königlichen Militärakademie in Breda. Danach absolvierte er eine Fachausbildung als Fernmeldeoffizier. Sein Job führte ihn immer wieder auch an Einsatzorte der niederländischen Armee im Ausland, wo er für den Aufbau von Netzwerken zuständig war.

Netzwerke für die Zukunft

Neben seinem fachlichen Interesse ist das Thema internationale Zusammenarbeit seine Motivation für das Studium in Deutschland. „Hier kann ich ein gutes Netzwerk aufbauen mit Offizieren, die auch im CIR arbeiten werden.“ Ein gutes Fundament, um nach dem Studium die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Niederlanden weiterzuführen.

"Hier kann ich ein gutes Netzwerk aufbauen mit Offizieren, die auch im CIR arbeiten werden."

Optimale Betreuung

Wieriks ist einer von 156 Soldaten, der für den Bachelor Informatik ­- die Voraussetzung, um den Master Cyber-Sicherheit anzuschließen -  eingeschrieben ist. Im September 2020 werden die ersten 20 Studierenden den Studiengang Cyber-Sicherheit, der im Wintersemester 2018 ins Leben gerufen wurde, beenden. Der Niederländer plant, seinen Abschluss in vier Jahren in der Tasche zu haben. Er schwärmt von der intensiven Betreuung: „Im Schnitt betreut hier ein Professor nur 18 Studierende.“

50 bis 60 Stunden pro Woche für das Studium

Der 34-Jährige ist mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern, von denen die Jüngste gerade zehn Monate alt ist, im Sommer nach München gezogen. Als Vater und Ehemann steht er vor der Herausforderung, sein Leben so zu organisieren, dass sowohl Studium als auch Familie darin Platz finden. Deswegen gehört er zu den wenigen, die nicht auf dem Campus wohnen und schlafen. „Ab 8 Uhr bin ich an der Uni und dann lerne ich nochmal abends von 20 bis 22 Uhr, wenn die Kinder schlafen. So komme ich auf 50 bis 60 Stunden pro Woche Arbeitsaufwand für das Studium“, erzählt Wieriks.

Das Internet kennt keine nationalen Grenzen

So ganz ohne Vorkenntnisse aus dem Bereich Cyber-Security hat Wieriks sein Studium allerdings nicht begonnen. Seit 2017 arbeitete er im niederländischen Defence Cyber Command im Bereich Cyber Threat Intelligence. Dort analysierte er Cyberangriffe auf die Systeme der niederländischen Armee. Er weiß also, wie bedeutsam das Thema Cyber-Sicherheit für das Funktionieren von Institutionen und Infrastruktur ist. Und Internet und Cyberraum unterscheiden sich in einer Hinsicht völlig von der „analogen“ Welt. „Im Internet gibt es keine nationalen Grenzen“, sagt Wieriks. „ Deshalb ist es wichtig, die Grenzen in der internationalen Zusammenarbeit abzubauen.“


Bildquelle: Bundeswehr/Martina Pump
Textquelle: © www.bundeswehr.de, den Original-Text finden Sie hier.