Forschung und Lehre bilden an der Professur bzw. den mit ihr verbundenen Instituten und Forschungszentren eine Einheit. Die in der Lehre von der Professur angebotenen Veranstaltungen in den Modulen „Betriebswirtschaftliche Leistungsfunktionen I und II“ und die Mitwirkung im Vertiefungsfeld „Management marktorientierter Wertschöpfungsketten“ (Module „Strategisches Beschaffungsmanagement“ und „Supply Chain Management“) orientieren sich in ihrem Grundkonzept am industriebetrieblich geprägten Supply Chain Management (Management von Wertschöpfungsketten). Die Industriebetriebslehre ist eine spezielle Betriebswirtschaftslehre, die sich explizit mit dem Wirtschaften in industriellen Betrieben beschäftigt. Der starke strukturelle Wandel, dem Industrieunternehmen derzeit unterliegen, forciert die Wandlung der Managementperspektive vom Industriebetrieb zur Führung komplexer industrieller Netzwerke („Supply Chains“). Die Ursachen liegen einerseits in der dynamischen Entwicklung neuer Fertigungs- und Informationstechnologien und andererseits in einer tiefgreifenden Veränderung der Bedingungen auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten.

Die zunehmende Vernetzung bzw. Netzwerkbildung bleibt nicht auf den industriellen Sektor beschränkt. Auch der öffentliche Sektor wandelt sich zunehmend zu einem „Gewährleister“ öffentlicher Aufgabenerfüllung, der sich bei der eigentlichen Leistungserstellung einem Netzwerk privater Unternehmen und/oder öffentlich-privater Partnerschaften (Public Private Partnerships / PPP) bedient.

In den Forschungsbemühungen des Lehrstuhls spiegeln sich diese Weiterentwicklungen von Wertschöpfungsprozessen wider. Dabei sind zwei Entwicklungsschwerpunkte zu konstatieren:

  1. Zum einen wird der Anteil der unternehmens- bzw. institutioneninternen Leistungserstellung immer geringer. Die angestrebte Konzentration auf Kernkompetenzen, die intensive Nutzung spezifischen Lieferanten-Know-Hows und schließlich die Möglichkeiten neuer Informations- und Kommunikationstechnologien wie des Internet führen zu zunehmender Reduzierung der Leistungstiefe („Outsourcing“). Damit steigt die Bedeutung von Vorlieferanten; an die Stelle einzelner Industrieunternehmen treten industrielle (Abnehmer-Zulieferer-) Netzwerke bzw. Wertschöpfungsketten. Im öffentlichen Sektor tritt an die Stelle des „Staates“ zunehmend ein Netzwerk privater Dienstleister bzw. Öffentlich-Privater Partnerschaften und staatlichen Stellen. Das lässt sich empirisch durch steigende Fremdbezugsanteile nachweisen. Konsequenterweise orientiert sich unsere Forschung weit weniger an der klassischen Produktions- und Leistungswirtschaft, sondern an der Führung von Wertschöpfungsketten und ‑netzen. Damit einher geht eine Aufwertung des Beschaffungs- bzw. Versorgungsmanagement zum Management externer Wertschöpfung. Der Anteil (extern beschaffter) Dienstleistungen steigt, da der Versorgungsfokus auf Problemlösungen liegt. Nachfolgende Abbildung zeigt den Evolutionspfad von Industriebetrieben beispielhaft auf - von traditionellen Fertigungs- und Versorgungskonzepten hin zum Extremfall des „entmaterialisierten Unternehmens“, das keinerlei eigene Fertigungsaktivitäten mehr unterhält, sondern ein leistungsfähiges Zuliefernetzwerk steuert. Beispielhaft dafür sei die Fertigung von Mobiltelefonen genannt, die größtenteils nicht mehr von den Mobiltelefonfirmen selbst, sondern von spezialisierten Fertigungsdienstleistern („Electronic Manufacturing Services“) durchgeführt wird. In derartigen Netzwerken spielt die Gestaltung effizienter Material-, Informations- und Finanzmittelflüsse eine entscheidende Rolle. Die unternehmensübergreifende Logistik wird zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
  2. Zum anderen verlagern sich mit dieser Entwicklung Wettbewerbsanstrengungen an die Netzwerkaußengrenze („networks compete with other networks“, Lechner 2001, S. 358 bzw. „supply chains compete, not companies“, Christopher/Jüttner 1998, S. 89). Die Steuerungsmechanismen („Governance Structures“) innerhalb industrieller Netzwerke müssen deshalb ebenso von Interesse sein wie die marktorientierte „Außenabgrenzung“.