Motivation mit Zielsetzung

Im Rahmen des ELAPSED-Projektes soll ein elektrischer Luftfahrtantrieb mit hoher Zuverlässigkeit erforscht und entwickelt werden. Aufgrund des Bedarfs an hoher Leistungsdichte und Zuverlässigkeit kommt eine mehrphasige (mit Phasenanzahl N > 3) permanenterregte Synchronmaschine zum Einsatz. Vorteile dieses Antriebssystems sind beispielsweise die Aufteilung der Leistung auf die mehreren Phasen sowie eine Reduzierung der Verluste und Drehmomentpulsationen. Ferner kann der Antrieb bei Ausfall einzelner Phase mit dem Rest der intakten und aktiven Phasen weiter Leistung generieren und den Propeller antreiben. Die Aufgaben dieses Teilprojektes sind die Auslegung, Realisierung und Optimierung mehrphasiger Antriebswechselrichter für diese spezielle Anwendung.
Das neue mehrphasige und modulare Wechselrichtersystem soll die fünfphasige Maschine aus einer Batterie mit einer maximalen Spannung von 432 V versorgen. Konventionell wird im Wechselrichter eine Halbbrücke pro Phase verwendet, die in Abbildung 1(a) als 2-Level-Wechselrichter bezeichnet wird. Trotz ihres einfachen Aufbaus weist diese Topologie hohe Schaltverluste auf und kann zu hohen Rippelströmen führen. Alternativ hierzu wird in diesem Teilprojekt ein 3-Level T-Type Neutral-Point-Clamped-Wechselrichter (TNPC) gewählt, welcher in Fig. 1(b) dargestellt ist. Schwerpunkte dieser Forschungsaktivitäten sind die Entwicklung und applikationsnahe Erprobung eines hocheffizienten, resilienten TNPC-Wechselrichters unter Berücksichtigung der einschlägigen Sicherheitsanforderungen. In diesem Zusammenhang werden auch Leistungshalbleiter auf Siliziumkarbidbasis zur Optimierung des Wirkungsgrades eingesetzt.

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Abbildung 1: Fünfphasige Wechselrichter-Topologien

 

Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Im Vergleich zum 2-Level-Wechselrichter ist beim TNPC-Wechselrichter der Mittelpunkt des geteilten Zwischenkreises durch ein bidirektionales Schaltelement (hier realisiert durch zwei antiseriell geschaltete Leistungshalbleiter) an den Ausgang angebunden, wodurch ein zusätzlicher Spannungslevel (Null-Level) am Ausgang erzeugt werden kann. Aufgrund der zusätzlichen Anzahl der Spannungslevel kann eine bessere Annäherung an den gewünschten sinusförmigen Verlauf der Phasenspannung erreicht werden, wie in Abbildung 2(a) and 2(b) dargestellt. Der untere Verlauf der beiden Abbildungen zeigt darüber hinaus, dass unerwünschte Gleichtaktspannungen (Common-Mode-Voltage), die durch die Pulsweitenmodulation des Wechselrichters entstehen und eine Hauptquelle der leitungsgebundenen Störungen im System darstellen, um die Hälfte reduziert werden.
Neben einer besseren Qualität der Ausgangsspannung verfügt der 3-Level-Wechselrichter auch über mehr Schaltkombinationen als der 2-Level-Wechselrichter. Es können konkret 243 Schaltzustände bei fünfphasigen 3-Level-Wechselrichter erzeugt werden, während es bei den 2-Level-Umrichter nur 32 Schaltzustände gibt. Der Vorteil davon besteht darin, dass wenn ein Schalter ausfällt, dieselbe Spannung mithilfe anderer Schaltkombinationen realisiert werden kann. Dies erhöht die Redundanz des Systems und macht den Wechselrichter resilienter gegenüber statistisch nicht vernachlässigbaren Halbleiterdefekten.Simulierte Verlaeufe.png

Abbildung 2: Simulierte Verläufe der Phasen- und Common-Mode-Spannungen von 2- und 3-Level-Wechselrichter-Topologien

 Ergebnisse

Im Rahmen der bis jetzt durchgeführten Forschungsaktivitäten wurde eine für die Applikation geeignete Wechselrichter-topologie ausgewählt, simulativ analysiert und bewertet. Die dafür erforderliche Erstellung des entsprechenden Wechselrichter-Modells unter Berücksichtigung der Entwärmung und der thermischen Parameter erfolgte mittels der Simulationssoftware PLECS. Dadurch konnten die Verluste, die Sperrschichttemperaturen sowie andere Betriebsparameter bestimmt werden, welche als wichtige Parameter in das Hardware- und Kühlungsdesign sowie in die Auswahl der geeigneten Bauelemente eingehen. Aus Sicherheitsaspekten wurden mögliche Fehlerfälle der Wechselrichter-Topologie sehr detailliert analysiert und Verfahren zum resilienten Betrieb recherchiert. Im kritischen Fehlerfall muss beim Kurzschluss innerhalb einer Wechselrichterhalbbrücke der fehlerhafte Leistungsschalter vom Zwischenkreis getrennt werden, um den Einfluss dieses Fehlers auf das Antriebssystem zu eliminieren. Zwei spezielle Trennschaltungen wurden dazu vorgeschlagen: Eine besteht aus einem Resonanzkreis mit zusätzlicher Schmelzsicherung in Verbindung mit einer Thyristor-Schaltung; die andere verwendet hingegen Pyrofuses. Die Auswirkungen beider Schutzschaltungen auf den jeweiligen Kommutierungskreis und damit auf die Schaltvorgänge des Wechselrichters sind noch zu untersuchen. Zum Wechselrichterbetrieb wurden Steuer- und Modulationsverfahren für sowohl den Nomal- als auch den Fehlerbetrieb in Mathlab-Simulink und PLECS implementiert und in der Simulation verifiziert. Die erforderlichen Bauteile wurden bestellt und ein Hardwaredesign für den ersten Prototyp ist derzeit in Bearbeitung. Der Aufbau und die Inbetriebnahme des modularen TNPC-Wechselrichters sind im ersten Quartal des Jahres 2024 geplant. Darüber hinaus werden in Zusammenarbeit mit der GET-Professur „Grundlagen der Elektrotechnik“ elektromagnetische Störungen durch den Betrieb des Wechselrichters normgerecht vermessen. Der Test und die Vermessung des gesamten elektrischen Antriebssystems auf dem Ironbird-Prüfstand sind bis zum Ende 2024 angedacht.

 Verwertungsperspektive

Das neue, modulare und resiliente Wechselrichtersystem kann auf elektrische Luftfahrtantriebssysteme angewendet werden, bei denen eine anspruchsvolle Performance in Verbindung mit einer hohen Zuverlässigkeit erforderlich sind. Durch das modulare Design kann der Aufbau auf dreiphasige oder auch mehrphasige Antriebsysteme ohne großen Aufwand angepasst werden. Die Ergebnisse dieses Teilprojektes sind sowohl für zivile als auch militärische Anwendungen einsetzbar.

 Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. Klaus F. Hoffmann

Chanuch Chaisakdanugull, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Professur für Leistungselektronik

Fakultät für Elektrotechnik
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg