Electric Aircraft Propulsion – Safe, Efficient, Digitally Linked (ELAPSED)

Das Projekt ELAPSED ist ein ganzheitlicher, interdisziplinärer Ansatz zur Entwicklung und Bewertung von elektrischen und hybrid-elektrischen Antriebsträngen für Flugzeuge. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf dem nachhaltigen, effizienten und sicheren Betrieb zukünftiger Luftfahrtanwendungen. Folgende Forschungsziele stehen dabei im Vordergrund:
  • Realisierung einer vernetzten Testinfrastruktur an den Universitäten der Bundeswehr in München und Hamburg.

  • Realisierung eines elektrischen Antriebstrang mit 80 kW Wellenleistung. Die Validierung erfolgt unter Verwendung der vernetzten Testinfrastruktur.

  • Auslegung, Fertigung und Betrieb neuartiger Vortriebskonzepte unter Ausnutzung von Vorteilen elektrischer Antriebsstränge. Im Fokus stehen hierbei „dual-use“-Anwendungen mit großem Einsatzbereich bzgl. Fluggeschwindigkeit und Flughöhe.

  • Aufbau eines Prüfstand zur experimentellen Validierung neuartiger Vortriebskonzepte bei unterschiedlichen Flugbedingungen.

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Teilprojekte und Arbeitspakete

Vernetzte Laborinfrastruktur: Forschungsumgebung zukünftige Luftfahrtantriebe

 Motivation mit Zielsetzung

Ziel des Teilprojektes „Vernetzten Laborinfrastruktur“ ist die Festlegung einheitlicher Schnittstellen und Übertragungsprotokolle für den digitalen Datenaustausch zwischen den Laboren und deren Zusammenschluss zu einem gemeinsam en Forschungsverbund.

Damit soll es ermöglicht werden, hoch-spezialisierte Experimentaufbauten (wie z.B. ein Brennstoffzellenlabor mit den hohen Sicherheitsanforderungen zum Umgang mit H2) in einen Gesamtverbund mit weiteren Subsystemen einer (elektrischen) Luftfahrzeugantriebsanlage zu bringen, um die bestehenden Wechselwirkungen zu untersuchen und die Systeme darauf abstimmen zu können. Die Integration unterschiedlicher Subsystem-Experimente zu einem Forschungsverbund eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit einzelne der Komponenten wechselweise als reale Hardware oder deren Software-Modelle in den Verbund einzubringen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten der Untersuchungen auf Systemebene und erlaubt auch ganzheitliche Aussagen, wie sie z.B. in Fragen der Zulassung von solchen Anwendungen in der Luftfahrt nötig sind. Dabei können alle Disziplinen der Gesamtauslegung des Antriebsstrangs mit einbezogen werden.

Über eine Vernetzung der Versuchsstände mit der Flugsimulator-Infrastruktur am LBC kann die Anwendbarkeit und Übertragbarkeit ins System Flugzeug sichergestellt und um die Möglichkeit der Analysefähigkeit von Missions- und Flugführungseinflüssen erweitert werden.

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Abbildung 1: Systemarchitektur der Vernetzten Laborumgebung

 

Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

In einem ersten Schritt wurde die Definition von Schnittstellen und Datenmodellen zwischen allen beteiligten Subsystemen und Instituten abgestimmt, um eine auf dem Data Distribution Service (DDS) basierende Architektur (Abbildung 1) zu entwickeln, die als unabhängige Middleware fungiert. Sie muss in der Lage sein die Anforderungen an Konnektivität, Kommunikation, Sicherheit, Synchronisation, Datenmanagement, Fernzugriff und -steuerung, Simulation, Benutzerfreundlichkeit und Skalierbarkeit an den Systemverbund zu erfüllen.

Bei der detaillierten Betrachtung der einzelnen Subsysteme war festzustellen, dass die Trennung von bspw. Propulsor, Motor und Regler in einzelne Labore in der Sache nicht zielführend ist. Zudem konnte zur effektiven Betrachtung des Gesamt-Thermalmanagements kein geeignetes Konzept gefunden werden, das für eine experimentelle Validierung der aufgebauten Modelle ohne eine gemeinsame Testumgebung der benannten Systeme auskommt. Daher wurde der Aufbau eines sog. Iron Bird Teststandes vorangetrieben. Dieser ermöglicht die gemeinsame Untersuchung aller auf Hardware basierender Subsysteme, wie auch Thermalmanagement über Subsystemgrenzen hinweg, sowie elektromagnetische Verträglichkeit und weitere Zulassungsrelevante Disziplinen. Darüber hinaus können aber im Iron Bird auch einzelne Systeme durch ihre Software Modelle durch eine Hardware-in-the-Loop Implementierung ersetzt werden, was ein weites Feld an Forschungspotential zu neuen Technologien auf Subsystemebene aber auch zur effizienten Erprobung kleinerer Änderungen eröffnet.

Der Erprobungsverbund, der mit dem Iron Bird bis Ende 2023 für weitere Forschung zur Verfügung stehen soll, umfasst dann Propulsor, Motor inkl. Regler, Leistungselektronik und Batterie als Energieversorgung. Die Subsysteme Brennstoffzelle und Flugführung werden weiterhin in ihren spezialisierten Labors bzw. der Flugsimulationsumgebung am LBC abgebildet und werden mit dem Iron Bird vernetzt betrieben.

Die darüber hinaus in ELAPSED final geplante Verknüpfung der Gesamtsystemuntersuchung mit Validierungsdaten der Subsysteme aus dem Höhenprüfstand stellt dabei in der Gesamtheit ein weiters Alleinstellungsmerkmal dar und eröffnet über die oben aufgezeigten Potentiale hinaus weitreichende Anwendungsmöglichkeiten.

 Ergebnisse

Unter Nutzung der von der Firma RTI bereitgestellten DDS Entwicklungstools konnten erste Tests der Datenstruktur auf unterschiedlichen Laborsystemen der beteiligten Institute durchgeführt werden. Dazu gehört die Verwaltungskonsole (Abbildung 2), mit der alle Live-Kommunikationen in der Domäne verwaltet und kontrolliert werden können, was die Durchführung von Tests und die Überwachung aller Teilnehmer erheblich erleichtert. Im nächsten Schritt soll das System für deterministische Echtzeitanwendungen aufgesetzt und erprobt werden.

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Abbildung 2: RTI Administration Console

Neben dem Erstaufbau des Iron Bird (siehe Input Gerling, Brenner, Alban) wird die Vernetzbarkeit der Flugsimulatoren und der Antriebssimulation umgesetzt. Nach diesen ersten Tests mit wenigen Teilnehmern besteht das Ziel für 2024 darin, die in Abbildung 1 dargestellte vollständige Architektur für das gesamte ELAPSED-Projekt zu implementieren, die entsprechenden Tests und Validierungen durchzuführen und sogar neue Iterationen im Design vorzunehmen, um weitere Teilsysteme zu verbessern oder einzubeziehen.

 Verwertungsperspektive

Der vollständig vernetzte Aufbau einer Versuchsumgebung für einen (Luftfahrzeug-) Antriebsstrang mit hybrid-/elektrischen Energiequellen stellt eine äußerst effiziente Methode zur Technologieentwicklung in diesem Anwendungsbereich dar. Dabei sind die Anwendungen nicht auf den „General Aviation“ Bereich eingeschränkt, sondern können das gesamte Spektrum an relevanten Luftfahrtanwendungen (Multikopter, Unmanned Air Systems, VTOL Systeme, „Lufttaxis“, mil. Anwendungen & Flugkörper, Helikopter, etc.) umfassen. Auch Antriebsanalgen für Bodengebundene Systeme und maritime Anwendungen sind möglich.

 Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Dr.-Ing. Marcel Stößel (Teilprojektleiter)

Clemente Juan (Studentische Hilfskraft)

Institut für Strahlantriebe

Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik
Universität der Bundeswehr München

Luca Hein, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Purav Panchal, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Institut für Aeronautical Engineering

Fakultät für Maschinenbau
Universität der Bundeswehr München

Stephan Diecke, M.Sc.

Ingenieurbüro Stephan Diecke

Unterschleißheim

Integrierte Toolchain: Sicherheitskritische Softwareentwicklung und Flugleistungsvalidierung

 Motivation mit Zielsetzung

Ziel des Projekts ELAPSED ist die Entwicklung eines neuartigen (hybrid)elektrischen Flugzeugantriebs. Im Zuge der Elektrifizierung und Digitalisierung in der Luftfahrt, werden Flugzeuge zunehmend mit elektrischen Antrieben und einhergehend neuen Designs bzw. Konzepten entwickelt. Um eine sichere und standardkonforme Entwicklung und Nutzung dieser neuartigen Antriebe sicherzustellen, werden Definitionen und Tools für Prozesse beispielsweise zur Softwarentwicklung benötigt. Diese Prozesschritte müssen anschließend auf Luftfahrzeuge anwendbar sein. Um im frühen Entwicklungsstadium dieser (hybrid)elektrisch betriebenen Flugzeuge eine zertifizerungskonforme und effiziente Entwicklung zu gewährleisten, sind Tools und Toolchains, also Prozesse und Prozessketten notwendig, die Anforderungsmanagement, Systemsimulation und Validierung vereinen.

 Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Bisherige Flug- und Missionsleistungsbetrachtungen basieren vorrangig auf vereinfachten Annahmen und Handmethoden. Viele dieser Methoden beruhen auf konventionellen verbrennungsmotorisch angetriebenen Flugzeugkonzepten. Der neue Lösungsansatz beruht auf einem detaillierten Simulationsmodell, welches für stationäre als auch dynamische Leistungsuntersuchungen genutzt wird. Die schematische Architektur dieser Gesamtsystemsimulation ist in Abbildung 1 dargestellt. Dabei wird neben der Qualität der Ergebnisse der Fokus auf Effizienz und Automatisierung gelegt. So wird auch eine bisher nicht vorhandene, automatisierte Toolchain zur standardkonformen parallelen Entwicklung des Systems vorrangig für die frühe Entwicklungsphase zur Bewertung von neuartigen Flugzeugkonzepten implementiert. Eine solche, automatisierte Prozesskette ist bisher nicht zu finden. In dieser frühen Phase sind viele Komponenten wie Batterie und Motor parallel in der Entwicklung. Änderungen der einzelnen Komponenten, welche minimale bis gravierende Auswirkungen auf das Gesamtkonzept darstellen, sollen daher mithilfe eines standardkonformen Prozesses überwacht werden. Die Komponenten können über das Gesamtsystem in u.a. Pilot-in-the-Loop Simulationen validiert werden. Ebenso können dadurch Anforderungen des Gesamtsystems an die Komponenten abgeleitet und mittels der Toolchain zur Softwareentwicklung in Abbildung 2 abgeprüft werden.

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Abbildung 1: Architektur der Gesamtsystemsimulation

Bisher wird Software und deren Test vorrangig manuell gehandhabt. Hierbei werden unter anderem Code händisch geschrieben und Tests manuell bewertet. Es gibt zumeist keine automatisierte Rückverfolgbarkeit zwischen Anforderungen, der Software und den ausgeführten Tests. Im Zuge dieses Projekts ELAPSED wird eine prozessorientierte Toolchain zur Softwareentwicklung eingerichtet und verwendet, um die Anforderungen zu verwalten, Software für die Batterieansteuerung (Batterie-Controller) zu entwickeln und die Software mit Echtzeitcomputern zu testen. Die Toolchain in Abbildung 2 gewährleistet eine bidirektionale Rückverfolgbarkeit zwischen den Anforderungen und den Testergebnissen, wie es von den Softwarestandards gefordert wird. Agile Methoden wie kontinuierliche Integration und Quellcodeverwaltung werden ebenfalls implementiert, um die Entwicklung flexibel zu gestalten. Eine modulare Hardware-in-the-Loop-Testumgebung (HIL) wird aufgebaut und beispielsweise zur Verifizierung der Software von Batterie- und Motor-Controller verwendet. Welche Tools und wie diese für die zertifizerungskonforme Entwicklung von Luftfahrtkomponenten und Luftfahrzeugen einzusetzen sind, ist nicht öffentlich bekannt und durch die Industrie unter Geheimhaltung.

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Abbildung 2: V-Modell der Softwareentwicklung inkl. Tools und Traceability (= Rückverfolgbarkeit der Anforderungen)

 Ergebnisse

Bisher wurden das Simulationsmodell inklusive der automatisierten Toolchain zur Anforderungsvalidierung für einen elektrischen Motorgleiter implementiert. Dabei können automatisiert parallel stationäre und dynamische Flug- und Missionsleistungsuntersuchungen ausgeführt werden und die Ergebnisse über bidirektionale Verknüpfung automatisch mit den Anforderungen validiert werden. Bis zum Ende der aktuellen Förderperiode ist die Umsetzung der Integration einer im Projekt ELAPSED entwickelten Multilevel-Batterie in ein fliegendes System (z.B. Multicopter) geplant. Die prozessorientierte Toolchain der Softwareentwicklung inkl. kontinuierlicher Integration und Versionskontrolle ist implementiert und befindet sich in Anwendung, beispielsweise für die Batterieansteuerung (Batterie-Controller). Ein Hardware-in-the-Loop (HIL) Prüfstands wird derzeit aufgebaut, welcher für den Batterie-Controller bereits läuft und erste Ergebnisse liefert.
Bis Ende 2024 ist die Erweiterung des bisherigen Aufbaus um den Batterie und Motorstrang forciert. Dabei soll beispielsweise der Motor-Controller integriert werden und mittels Echtzeit-Kopplung mit einem Flugsimulator inklusive Flugdynamik für die Pilot-in-the-Loop Simulation realistisch getestet werden können. Dazu soll ein Iron Bird für HIL-Simulationen aufgebaut werden, bei dem die Komponenten in Echtzeit mittels Flugsimulator betrieben und ihre (Leistungs-)Parameter ausgewertet werden können. Darüber hinaus soll der Prozess auf eine unbemannte Drohne integriert werden, welche die Fähigkeit besitzt senkrecht zu starten und zu landen. Das Fluggerät namens PEGASUS wird als Aufklärungsdrohne mit einem neuen elektrischen Antriebskonzept mittels Impeller betrieben, welches eine höhere Fluggeschwindigkeit im Vergleich zu bereits verfügbaren Systemen erzielt und somit schneller im Einsatzgebiet mit der Aufklärung beginnen kann. PEGASUS soll als ca. 13 kg schwerer Demonstrator mit einer zusätzlichen Nutzlast von 2 kg gebaut werden. Dadurch soll das Verfahren mit einem zweiten sich unterscheidenden Flugmuster validiert werden.

 Verwertungsperspektive

Die im Rahmen des Projekts gewonnen Ergebnisse sind bereits jetzt schon sowohl für zivile als auch militärische Applikationen anwendbar. Dabei sind diese nicht auf das im Projekt maßgeblich betrachtete, (hybrid-)elektrische Luftfahrzeug beschränkt.
Die Toolkette zur standardkonformen Entwicklung sicherheitskritischer Softwarekomponenten für die Luftfahrt kann Dienststellen der Bundeswehr , wie dem Luftfahrtamt der Bundeswehr (LufABw) oder auch der Wehrtechnischen Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgeräte der Bundeswehr (WTD 61) zur Verfügung gestellt werden, um eine Bewertung und Beurteilung der Entwicklungsprozesse von Systemherstellern zu ermöglichen. Darüberhinaus kann das BAAinBw diese neuen Marktteilnehmern zur Verfügung stellen, um dadurch die Vielfalt möglicher Systemhersteller zu erhöhen.
Analoge Verwertungsmöglichkeiten ergeben sich für die Simulationsumgebung zur Ermittlung, Bewertung und Validierung der Missionsleistungen von Luftfahrzeugen. Die im Rahmen des Projekts entwickelte Toolkette ermöglicht es, neu zu beschaffende Systeme von der unbemannten Kleinstdrohne bis hin zu großen Transportflugzeugen bereits in der initialen Entwurfsphase hinsichtlich der Erfüllung geforderter Missionsanforderungen zu bewerten. Durch diese Toolkette werden bundeswehrintern Fähigkeiten geschaffen, die sonst bei externen Anbietern (wie z. B. IABG mbH, DLR, Fraunhofer oder ESG) beschafft werden müssen.
Die im Rahmen des Projekts noch in der Entstehung befindlichen, unbemannten Luftfahrzeuge stellen einen Use Case für die Anwendung der entstandenen Toolketten dar und erlauben es, weitere Erfahrungen über die reine Simulation hinaus zu sammeln.

  Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. Stephan Myschik

Purav Panchal, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Luca Hein, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Hptm. Denis Surmann, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Institut für Aeronautical Engineering

Fakultät für Maschinenbau
Universität der Bundeswehr München

 

 

Multi-Level Batteriepack für Luftfahrtanwendungen

 Motivation mit Zielsetzung

Die Verpflichtung zur Reduzierung der CO2-Emissionen sowie der Trend zur Nutzung von erneuerbaren Energiequellen und zu höheren Umweltschutzstandards in der Luftfahrt haben zu einem erhöhten Interesse und einem wachsenden Markt für Hybrid- oder vollelektrische Luftfahrzeuge geführt. Ziel dieses Arbeitspaketes ist die Entwicklung eines sicheren Batteriepacks, das in einem solchen Flugzeug als Kernkomponente eingesetzt werden kann.

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Abbildung 1: Multi-Level Batteriepack für Luftfahrtanwendungen

Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Die Multi-Level-Technologie ermöglicht nicht nur eine größere Systemflexibilität, sondern auch einen qualitativ anderen Wirkungsgrad. In klassischen Systemen mit fest verbundenen Batterien gibt es, auch mit ständiger Überwachung, keine Möglichkeit das System gezielt zu beinflussen. Mit der Multi-Level-Technologie können Batterie-Zellen, die derzeit für die Erzeugung der Ausgangsspannung unerwünscht sind, z. B. weil sie zu heiß oder leer sind, übersprungen werden. Der Verzicht auf die aktive Nutzung solcher Zellen eliminiert deren negativen Einfluss auf benachbarte Zellen, erlaubt eine gleichmäßige Entladung der Batterien, eine thermische Balancierung und verlängert die Lebensdauer der Batterien. Dies wiederum erhöht die Sicherheit des Systems, da gefährliche Situationen auf der Grundlage der Daten der ständigen Überwachung des aktuellen Batteriezustands (Temperatur, Strom, Spannung) vermieden werden können. So kann in dem Fall, dass eine Zelle thermisch durchgeht, nicht nur diese Zelle selbst beinflusst werden, sondern es können auch benachbarte Zellen schnell entladen werden, damit diese von der kaputten Zelle nicht angesteckt werden können.

 Ergebnisse

Die Entwicklung des Batteriepacks umfasst alle Komponenten, d.h. mechanisch bis zur Software, und wird in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartnern und den anderen Projektteilen umgesetzt. Ein Teilbereich besteht aus Simulationen, die in der Simulink-Umgebung durchgeführt werden. Sie umfassen das gesamte Batteriepack und ermöglichen die Bewertung von Verlusten und der Systemeffizienz unter verschiedenen Kontrollalgorithmen der Ausgangsspannungserzeugung, Balancingprinzipien oder Systemtypologien. Diese Modelle werden in den Echtzeitsimulationen am Institut für Aeronautical Engineering als Teil des Gesamtflugzeugsmodells genutzt.

Zusätzlich ist die Simulink-Umgebung Teil der Toolchain für die luftfahrtkonforme Softwareentwicklung, die am Institut für Aeronautical Engineering entwickelt wird. Die erzeugten Modelle werden genutzt, um Code für die Batteriekontroller zu generieren. Dadurch werden möglichst viele der Luftfahrtnormen und -standards automatisiert geprüft und gleichzeitig ist ein digitaler Zwilling des Batteriepacks bereits Bestandteil der Entwicklung.

Als Schnittstelle für die jeweilig eingesetzten Mikrokontroller wird im Rahmen des Projektes zusätzlich Code manuell entwickelt, um die Hardwarekomponenten optimal in das Gesamtsystem einzubinden. Auch die Entwicklung dieser Code Komponenten ist in die Toolchain integriert. Dieser Entwicklungsprozess wird für den Battery Main Controller und für den Battery Cell Controller eingesetzt.
Die Hardware für letzteren wurde im Rahmen des Projekts zur Untersuchung und Evaluation in mehreren Varianten erstellt. Neben einem klassischem Konstantspannungssystem wurden vor allem verschiedene Multi-Level-Systeme erstellt. Diese sind: Eine Cross-Switch-Topologie für ein Modul aus 12 Zellen, Einzelzellmodule mit zwei Schaltern als Halbbrücke sowie mit drei Schaltern als Battery Modular Multilevel Management System und ein Modul aus 12 Zellen mt zwei Schaltern als Halbbrücken in Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner des Projekts, der Bavertis GmbH. Der letzte Aspekt der Entwicklung des Batteriemoduls ist die Konstruktion der Anlage selbst, mechanische Layouts und Modelle, welche in Zusammenarbeit mit der Electric Flytrain AG durchgeführt wird. Am Ende des Projektes ist geplant, das komplette Batteriepaket zu bauen, in den Antriebsstrang auf dem Prüfstand zu integrieren und in Betrieb zu nehmen.

 Verwertungsperspektive

Die entwickelte Batterie besteht aus mehreren einzelnen Batteriemodulen. Dadurch ist sie flexibel und kann bei veränderten Systemanforderungen durch Hinzufügen oder Entfernen mehrerer Module auf die vorgegebenen Bedürfnisse skaliert werden. Andererseits erlaubt dieser modulare Ansatz, von einzelnen Batteriemodulen zu sprechen, die als Komplettprodukt in zivilen und militärischen Anwendungen für mobilere und kleinere Flugkörper wie Quadcopter oder Drohnen eingesetzt werden können. Auf Basis des entwickelten Ansatzes eines Multi-Level Systems als adaptive Spannungsquelle soll das System erweitert werden und die Batterie auch als Direktinverter genutzt werden, um alle Vorteile der Multi-Level Technologie nutzen zu können.

 Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Weyh

Wolfgang Bliemetsrieder, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Nina Sorokina, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Professur für Elektrische Energieerzeugung und -verteilung

Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Universität der Bundeswehr München

Auslegung und Optimierung elektrischer Maschinen für die Luftfahrt

 Motivation mit Zielsetzung

Das Arbeitspaket „Auslegung und Optimierung elektrischer Maschinen für die Luftfahrt“ beschäftigt sich mit dem Maschinenentwurf für ein kleines Propellerflugzeug. Elektrische Antriebe in Flugzeugen sind noch am Anfang ihrer Entwicklung und zurzeit stellt das Gesamtgewicht des Antriebsstrangs das Hauptproblem für ihren flächendeckenden Einsatz als Antriebstopologie dar. Deshalb steht eine Erhöhung der gravimetrischen Leistungsdichte im Fokus. Neben dem Einsatz von hochwertigen Materialien in der elektrischen Maschine, werden neuartige Entwurfskonzepte untersucht, die eine Verbesserung der Leistungsdichte anstreben. Analytische und simulative Methoden werden angewendet, um das elektromagnetische, mechanische und thermische Verhalten der Maschine zu untersuchen und ihre Leistungsdichte und Effizienz zu optimieren. Schließlich soll ein Prototyp gebaut werden, um die Ergebnisse auf dem Maschinenprüfstand und auf dem Luftfahrt-Prüfstand („Iron Bird“) zu validieren.

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Abbildung 1: Numerische Berechnung der Maschine

Zusätzlich dazu spielt die Zuverlässigkeit in der Luftfahrt eine große Rolle. Um die Voraussetzungen einer CS23 Zertifizierung zu erfüllen, soll die Fehlertoleranz und Zuverlässigkeit durch einen multi-strängigen Entwurf erforscht werden. Darüber hinaus wird durch die Zusammenarbeit mit Experten anderer Disziplinen, wie Leistungselektronik, Batteriespeicher, Regelung und Thermodynamik, eine Gesamtsystemoptimierung angestrebt.

Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Der Entwurf der elektrischen Maschine beginnt mit analytischen Methoden, um die Anfangsdimensionen und das Verhalten in den verschiedenen Domänen, Elektromagnetik, Mechanik und Thermik, zu berechnen. Aus diesem Startentwurf werden computergetützte Modelle entwickelt, die eine detaillierte Berechnung der Maschine nach dem Stand der Technik erlauben und auf deren Basis Optimierungen durchgeführt werden. Die Finite Elemente Analyse (FEA) wird für die elektromagnetischen und mechanischen Berechnungen verwendet. Thermische Modelle werden aus einer Kombination von „Computational Fluid Dynamics“ (CFD) und „Lumped Parameter Thermal Networks“ (LPTN) entwickelt.

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Abbildung 2: Design der Maschine

Um die Leistungsdichte und die Zuverlässigkeit zu erhöhen, werden innovative Entwurfskonzepte untersucht. Flussbarrieren im Stator haben das Potenzial das Drehmoment zu erhöhen und das Gewicht zu reduzieren, wenn sie mit einer geeigneten Topologie kombiniert werden. Der Ansatz der Mehrsträngigkeit erhöht dazu die Ausfallsicherheit der Maschine signifikant und eröffnet neue Methoden der fehlertoleranten Regelung.

 Ergebnisse

Bereits abgeschlossen wurde der Aufbau des Referenzprüfstandes und die Vermesung der Referenzmaschine darauf. Der Prüfstand ist auch für die weiteren bestellten Prototypen anpassbar und wird für die Vermesseung dieser Verwendung finden. Zusätzlich ist ein Iron Bird Prüfstand im Aufbau, der für die Vermessung und das Testen des Gesamtsystems elektrischer Luftfahrtantrieb genutzt wird. Die Inbetriebnahme erfolgt noch im Jahr 2023, um die Vermessung des Antriebsstranges in 2024 zu ermöglichen.
Die Erstellung von Workflows zur gesamtheitlichen Maschinenauslgeung und -optimierung hinsichtlich der gravimetrischcen Leistungsdichte ist ein kontinuierlicher Prozess, der sich noch bis in das letzte Projektjahr erstrecken wird. Bereits vollendet ist ein Vorauslegungstool, mit dem der Gewichteffekt, den das Einbringen eines Getriebes in das Antriebssystem hat, untersucht werden kann. Die Detailierung der thermischen Modelle erfolgt ebenfalls bis 2024.

Die Validierung der Workflows erfolgt durch die Vermessung von Prototypen auf Prüfständen. Die Vermessung einer Referenzmaschine bildet die Grundlage eines Vergleichs zwischen dem Stand der Technik und den neuartigen Konzepten, die im Rahmen von ELAPSED erprobt werden. Bis zum Projektabschluss werden noch drei selbst ausgelegte und optimierte Prototypen gefertigt und vermessen. Sie unterscheiden sich in der Stranganzahl, sowie der verwendeten Materialien. Die Vermessung der Maschinen unabhängig vom Gesamtsystem findet dabei zunächst auf dem Referenzprüfstand statt. Im weiteren sollen alle Prototypen und die Referenzmaschine auch auf ihr Verhalten im Gesamtsystem hin am Iron Bird Prüfstand untersucht werden, wodurch eine übergreifende Validierung der Maschine, auf der einen Seite, und des Gesamtsystems, auf der anderen, sichergestellt werden.

 Verwertungsperspektive

Die im Rahmen von ELAPSED aufgebaute, umfangreiche Testinfrastruktur (Leichtbauhalle, Prüfstände etc.) kann für die Entwicklung und Erforschung elektrischer Antriebsstränge und elektrisch angetriebener Flugobjekte dienen. Es lassen sich alle Einzelbestandteile eines elektrischen Antriebsstrangs sowie das Gesamtsystem an einem Ort erproben. Der modulare Aufbau erlaubt das Testen von einer Bandbreite an Leistungsklassen, die neben typischen Ausbildungsflugzeugen auch die unter anderem in der Bundeswehr verwendeten Drohnen abdeckt. Das gewonnene Know-How bezüglich der Auslegung leichter, effizienter und zuverlässiger elektrischer Antriebe kommt der Universität der Bundeswehr dank umfangreicher (interner) Dokumentation und (externer) Publikation zugute.

 Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. Dieter Gerling

Daniel Alban, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Lucas Brenner, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Lehrstuhl für elektrische Antriebstechnik und Aktorik

Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Universität der Bundeswehr München

Mehrphasiger, resilienter Multilevel-Antriebswechselrichter

 Motivation mit Zielsetzung

Im Rahmen des ELAPSED-Projektes soll ein elektrischer Luftfahrtantrieb mit hoher Zuverlässigkeit erforscht und entwickelt werden. Aufgrund des Bedarfs an hoher Leistungsdichte und Zuverlässigkeit kommt eine mehrphasige (mit Phasenanzahl N > 3) permanenterregte Synchronmaschine zum Einsatz. Vorteile dieses Antriebssystems sind beispielsweise die Aufteilung der Leistung auf die mehreren Phasen sowie eine Reduzierung der Verluste und Drehmomentpulsationen. Ferner kann der Antrieb bei Ausfall einzelner Phase mit dem Rest der intakten und aktiven Phasen weiter Leistung generieren und den Propeller antreiben. Die Aufgaben dieses Teilprojektes sind die Auslegung, Realisierung und Optimierung mehrphasiger Antriebswechselrichter für diese spezielle Anwendung.
Das neue mehrphasige und modulare Wechselrichtersystem soll die fünfphasige Maschine aus einer Batterie mit einer maximalen Spannung von 432 V versorgen. Konventionell wird im Wechselrichter eine Halbbrücke pro Phase verwendet, die in Abbildung 1(a) als 2-Level-Wechselrichter bezeichnet wird. Trotz ihres einfachen Aufbaus weist diese Topologie hohe Schaltverluste auf und kann zu hohen Rippelströmen führen. Alternativ hierzu wird in diesem Teilprojekt ein 3-Level T-Type Neutral-Point-Clamped-Wechselrichter (TNPC) gewählt, welcher in Fig. 1(b) dargestellt ist. Schwerpunkte dieser Forschungsaktivitäten sind die Entwicklung und applikationsnahe Erprobung eines hocheffizienten, resilienten TNPC-Wechselrichters unter Berücksichtigung der einschlägigen Sicherheitsanforderungen. In diesem Zusammenhang werden auch Leistungshalbleiter auf Siliziumkarbidbasis zur Optimierung des Wirkungsgrades eingesetzt.

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Abbildung 1: Fünfphasige Wechselrichter-Topologien

 

Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Im Vergleich zum 2-Level-Wechselrichter ist beim TNPC-Wechselrichter der Mittelpunkt des geteilten Zwischenkreises durch ein bidirektionales Schaltelement (hier realisiert durch zwei antiseriell geschaltete Leistungshalbleiter) an den Ausgang angebunden, wodurch ein zusätzlicher Spannungslevel (Null-Level) am Ausgang erzeugt werden kann. Aufgrund der zusätzlichen Anzahl der Spannungslevel kann eine bessere Annäherung an den gewünschten sinusförmigen Verlauf der Phasenspannung erreicht werden, wie in Abbildung 2(a) and 2(b) dargestellt. Der untere Verlauf der beiden Abbildungen zeigt darüber hinaus, dass unerwünschte Gleichtaktspannungen (Common-Mode-Voltage), die durch die Pulsweitenmodulation des Wechselrichters entstehen und eine Hauptquelle der leitungsgebundenen Störungen im System darstellen, um die Hälfte reduziert werden.
Neben einer besseren Qualität der Ausgangsspannung verfügt der 3-Level-Wechselrichter auch über mehr Schaltkombinationen als der 2-Level-Wechselrichter. Es können konkret 243 Schaltzustände bei fünfphasigen 3-Level-Wechselrichter erzeugt werden, während es bei den 2-Level-Umrichter nur 32 Schaltzustände gibt. Der Vorteil davon besteht darin, dass wenn ein Schalter ausfällt, dieselbe Spannung mithilfe anderer Schaltkombinationen realisiert werden kann. Dies erhöht die Redundanz des Systems und macht den Wechselrichter resilienter gegenüber statistisch nicht vernachlässigbaren Halbleiterdefekten.Simulierte Verlaeufe.png

Abbildung 2: Simulierte Verläufe der Phasen- und Common-Mode-Spannungen von 2- und 3-Level-Wechselrichter-Topologien

 Ergebnisse

Im Rahmen der bis jetzt durchgeführten Forschungsaktivitäten wurde eine für die Applikation geeignete Wechselrichter-topologie ausgewählt, simulativ analysiert und bewertet. Die dafür erforderliche Erstellung des entsprechenden Wechselrichter-Modells unter Berücksichtigung der Entwärmung und der thermischen Parameter erfolgte mittels der Simulationssoftware PLECS. Dadurch konnten die Verluste, die Sperrschichttemperaturen sowie andere Betriebsparameter bestimmt werden, welche als wichtige Parameter in das Hardware- und Kühlungsdesign sowie in die Auswahl der geeigneten Bauelemente eingehen. Aus Sicherheitsaspekten wurden mögliche Fehlerfälle der Wechselrichter-Topologie sehr detailliert analysiert und Verfahren zum resilienten Betrieb recherchiert. Im kritischen Fehlerfall muss beim Kurzschluss innerhalb einer Wechselrichterhalbbrücke der fehlerhafte Leistungsschalter vom Zwischenkreis getrennt werden, um den Einfluss dieses Fehlers auf das Antriebssystem zu eliminieren. Zwei spezielle Trennschaltungen wurden dazu vorgeschlagen: Eine besteht aus einem Resonanzkreis mit zusätzlicher Schmelzsicherung in Verbindung mit einer Thyristor-Schaltung; die andere verwendet hingegen Pyrofuses. Die Auswirkungen beider Schutzschaltungen auf den jeweiligen Kommutierungskreis und damit auf die Schaltvorgänge des Wechselrichters sind noch zu untersuchen. Zum Wechselrichterbetrieb wurden Steuer- und Modulationsverfahren für sowohl den Nomal- als auch den Fehlerbetrieb in Mathlab-Simulink und PLECS implementiert und in der Simulation verifiziert. Die erforderlichen Bauteile wurden bestellt und ein Hardwaredesign für den ersten Prototyp ist derzeit in Bearbeitung. Der Aufbau und die Inbetriebnahme des modularen TNPC-Wechselrichters sind im ersten Quartal des Jahres 2024 geplant. Darüber hinaus werden in Zusammenarbeit mit der GET-Professur „Grundlagen der Elektrotechnik“ elektromagnetische Störungen durch den Betrieb des Wechselrichters normgerecht vermessen. Der Test und die Vermessung des gesamten elektrischen Antriebssystems auf dem Ironbird-Prüfstand sind bis zum Ende 2024 angedacht.

 Verwertungsperspektive

Das neue, modulare und resiliente Wechselrichtersystem kann auf elektrische Luftfahrtantriebssysteme angewendet werden, bei denen eine anspruchsvolle Performance in Verbindung mit einer hohen Zuverlässigkeit erforderlich sind. Durch das modulare Design kann der Aufbau auf dreiphasige oder auch mehrphasige Antriebsysteme ohne großen Aufwand angepasst werden. Die Ergebnisse dieses Teilprojektes sind sowohl für zivile als auch militärische Anwendungen einsetzbar.

 Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. Klaus F. Hoffmann

Chanuch Chaisakdanugull, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Professur für Leistungselektronik

Fakultät für Elektrotechnik
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg

Fehlertolerante Regelung von ausfallsicheren Elektromotoren hoher Leistungsdichte

 Motivation mit Zielsetzung

Um Elektromotoren als Flugzeugantriebe zu qualifizieren, müssen sie sowohl in punkto Leistungsdichte als auch hinsichtlich ihrer Ausfallsicherheit höchsten Anforderungen gerecht werden. Die hohe Leistungsdichte von Permanentmagnet-Synchronmotoren kann, wie jüngste Entwicklungen des UniBwM-Lehrstuhls für Elektrische Antriebstechnik zeigen, durch Flussbarrieren im Statormaterial weiter gesteigert werden. Für die hochdynamische Regelung von Flugzeugmotoren wird ein echtzeitfähiges Modell benötigt, welches das Drehmoment berechnet, das ein solcher Motor ausübt. Die Lösung dieser, für Motoren mit Flussbarrieren bislang ungelösten, Aufgabe ist eine der Zielsetzungen des Teilprojekts.
Für Flugzeuganwendungen ist es essentiell, dass der Motor auch beim Ausfall einzelner Statorphasen noch ein konstantes Drehmoment – und damit Antriebsleistung – zur Verfügung stellen kann. Diese Anforderungen erfüllen Multiphasen-Motoren, deren Regelung jedoch besonders schwierig ist.
Entsprechend der beschriebenen Herausforderungen war - und ist - es Ziel des Teilprojektes, ein dynamisches Modell von Multiphasen-Elektromotoren mit Flussbarrieren zu entwickeln, das echtzeitfähig und damit für die hochdynamische Regelung dieser Antriebe einsetzbar ist. Weiterhin soll ein Regelungskonzept entwickelt und eingesetzt werden, das im fehlerfreien Fall einen hochperformanten und energieeffizienten Flugzeugantrieb gewährleistet. Im Fehlerfall, beispielsweise beim Ausfall von Statorphasen, soll sich die Regelung automatisch so umkonfigurieren, dass die Einbußen der Antriebsleistung minimiert und möglichst im Flugverhalten nicht spürbar werden.

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Abbildung 1: Aufbau und relevante Parameter des modellierten Elektromotors mit Flussbarrieren und Permanentmagneten (der Übersichtlichkeit halber ist hier ein Synchronmotor mit (nur) drei Phasen dargestellt)

 Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Um das Drehmoment eines Elektromotors berechnen zu können, muss die magnetische Flussdichte im Luftspalt bekannt sein. Die numerische Bestimmung der Flussdichte über FEM-Simulationen ist zwar hochgenau, aber nicht echtzeitfähig und deshalb für die Regelung nicht geeignet. Daher wurde hier der Motor gedanklich in Teilgebiete (subdomains) aufgeteilt, in denen jeweils die Maxwellgleichungen der Magnetostatik samt Rand- und Anschlussbedingungen analytisch gelöst wurden. Diese sog. Subdomain-Modell-Methode gehört für einfache Motorgeometrien zum Stand der Wissenschaft, wurde hier aber für komplexere Antriebsgeometrien weiterentwickelt und auf Motoren mit Flussbarrieren erstmals erfolgreich angewendet.
Das entwickelte Modell wird in eine Regelungsarchitektur eingebettet, die dafür maßgeschneidert ist, einen optimierten Betrieb des Flugzeugantriebs zu gewährleisten und die Auswirkungen von Fehlern in jeder Flugphase zu kompensieren, so dass ein hochgradig fehlertolerantes Antriebssystem entsteht.
Beim Betrieb von Elektromotoren wird in der Literatur häufig im sog. „dq-System“ gearbeitet. Dieser Ansatz nimmt sinusförmige Größen (wie beispielsweise sinusförmig gewickelte Statorphasen) innerhalb des Elektromotors an. Insbesondere durch den Einsatz von Flussbarrieren im Stator ist dieser Ansatz jedoch hier nicht geeignet. Weiterhin sind durch die Annahme sinusförmiger Größen Grenzen gesetzt, was die Aussagekraft solcher Modelle im Falle auftretender Fehler angeht. Dadurch, dass im entwickelten Ansatz ein detailliertes, nicht auf idealisierten Annahmen beruhendes physikalisches Modell verwendet wird, ist auch bei auftretenden Fehlern im Motor eine modellbasierte Fehlerdiagnose und Regelung möglich.

 Ergebnisse

Im Rahmen der aktuellen Förderperiode wurde ein dynamisches Modell von Multiphasen-Elektromotoren mit Flussbarrieren entwickelt. Hierbei wurde zum einen auf eine hohe Recheneffizienz geachtet, um einen Echtzeitbetrieb zu ermöglichen, und zum anderen darauf, dass auftretende Fehler im Modell sichtbar und detailliert abgebildet werden. Darauf aufbauend wird aktuell ein Regelsystem entworfen, welches die Auswirkungen von Fehlern in jeder Flugphase kompensieren kann.
Weiterhin wird das entwickelte Modell auch zur Erkennung von Fehlern eingesetzt. Hierbei wird der Fokus insbesondere auf Fehler gelegt, welche nicht direkt von der Flugzeug-internen Sensorik erfasst werden können.
Nach Abschluss der Entwicklung des gesamten fehlertoleranten Regelsystems ist die experimentelle Untersuchung und Validierung auf einem Motorprüfstand in Planung.

 Verwertungsperspektive

Aufgrund ihrer hohen Leistungsdichte und Ausfallsicherheit sind Multiphasen-Elektromotoren mit Flussbarrieren in besonderer Weise für den Einsatz in bemannten und unbemannten Flugzeugen geeignet. Die im Rahmen des Teilprojekts entwickelte fehlertolerante und hochperformante Regelung bringt diese vorteilhaften Eigenschaften erst zur vollen Geltung.

  Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr. rer. nat. habil. Claus Hillermeier

Martin Ackermann, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Professur für Automatisierungs- und Regelungstechnik

Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Universität der Bundeswehr München

 

 

EMV eines elektrischen Luftfahrtantriebsstranges: Störidentifikation und adaptive Gegenmaßnahmen

 Motivation mit Zielsetzung

Durch die Vorteile von elektrischen Antriebssystemen in der Mobilität – wie beispielsweise die hohe Leistungsdichte und Effizienz – und deren vermehrten Einsatz in diversen Land- und Luftfahrzeugen steigen die Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit vor allem in Hinblick auf die Identifikation der Störmechanismen, die Gewichtsreduktion beim Einsatz von Filtern und die erforderliche Immunität des Antriebssystems gegen systeminterne Störungen. Besonders im Bereich des elektrischen Fliegens gibt es besondere An- und Herausforderungen, die es bei der Entwicklung zu beachten gilt.

 Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Elektrische, invertergetriebene Antriebsstränge weisen bekannte und charakteristische Störfrequenzbilder auf, deren Störpotential vor allem in dreiphasigen Antriebssträngen mit geringer Leistung genauer erforscht wurden (vgl. Abb. 1). Im Bereich der Luftfahrt können die Störspektren die operativen Flugfrequenzbänder überlagern und somit zu schwerwiegendem Fehlverhalten oder sogar zu Ausfällen in Teilsystemen führen. Bei fünfphasigen Antriebssystemen ergibt sich die Möglichkeit des robusten fehlertoleranten Betriebes, der es zulässt, auch bei Phasenausfällen weiterhin ein Drehmoment zu erzeugen und somit einem Versagen des Antriebssystems vorbeugt wird. Aus dem abweichenden Schaltmuster der Ansteuerung der elektrischen Maschine durch den Inverter und durch sich verschiebende Potentiale innerhalb des Antriebsstrangs während des Fehlerbetriebs, ergeben sich jedoch neue Herausforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit, die bewältigt werden müssen.

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Abbildung 1: Vermessung eines dreiphasigen Antriebsstranges in der Absorberkammer mit einer Antenne

Neben dem Verständnis der Entstehung leitungs- und feldgebundener Störungen im Antriebssystem ist die Analyse und Untersuchung der Störkoppelwege im Flugzeug ein essenzielles Instrument, um kosten- und gewichtsparende Gegenmaßnahmen zu entwerfen und den störungs- und interferenzfreien Betrieb des gesamten Flugzeugs zu gewährleisten. Die bisherige Entwicklung basiert vor allem auf der Einzelbetrachtung der Komponenten, ohne diese in den Gesamtsystemkontext zu setzen. Durch ein Gesamtverständnis der Koppelwege im Antriebsstrang und im gesamten Flugzeugbereich sind gewichtssparende Maßnahmen erreichbar, die weitere Filtermaßnahmen für bestimmte Frequenzbänder ggf. überflüssig machen. Aus diesem Grund werden die Wechselwirkungen der Einzelkomponenten des Antriebsstranges untereinander, der Leitungstopologien und des Referenzpotentiales detailliert untersucht und beschrieben. Besondere Herausforderungen in Hinblick auf die Auslegung von Filtertopologien stellen die spannungsabhängigen Effekte von widebandgap-Halbleitern dar, da diese zu Verschiebungen der Interferenzfrequenz führen. Da diese im operativen Frequenzband der Luftfahrt liegen können, wird die Implementierung von intelligenten Gegenmaßnahmen erforderlich, um gleichzeitig eine geringe Verlustleistung im System gewährleisten zu können. Bisherige konventionelle EMV-Filter weisen vor allem ein großes Bauvolumen, eine hohe Verlustleitung und ein hohes Gewicht auf oder sind nur für den Kleinleistungsbereich geeignet. Neuartige, adaptive (od. aktive) Filtertopologien besitzen für diesen Anwendungszweck viele Vorteile, weshalb deren Einsatz erprobt und die bestehenden Konzepte aufgegriffen und in Hinblick auf Energieeffizienz optimiert werden.

 Ergebnisse

In der bisherigen Bearbeitung des Teilprojektes wurden vor allem Ergebnisse in der Identifikation und Vorhersage von Störungen im Leistungsteil des Antriebssystems erreicht. Dazu wurde ein dynamisches Gesamtsystemsimulationmodell erstellt und die wichtigsten Einflussfaktoren für designunabhängige Interferenzquellen mithilfe des aktuellen Stands der Forschung lokalisiert, charakterisiert und mit Messungen verifiziert. Aus den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Aussagen und Grundlagen für die Auslegung von Gegenmaßnahmen ableiten, die nach aktuellem Stand der Forschung umgesetzt, getestet und auf den besonderen Fall des Flugzeugs adaptiert werden. Neben der Simulation des Gesamtsystems wird derzeit der Einsatz von Leistungsleitungstopologien und der damit einhergehenden Netzform im Antriebssystem und deren Auswirkungen auf die Störkoppelwege und den Auswirkungen von hochfrequenter Leistungsreflexion im speziellen Fall des elektrischen Fliegens untersucht. Diese Erkenntnisse wurden bereits teilweise in Realszenarien verifiziert und es ist geplant, noch in der aktuellen Förderperiode diverse Testreihen an vergleichbaren Einzelsystemen auf Systemebene durchzuführen, die zur weiteren Verifikation der geplanten aktiven Filtertechnologie, Interferenzvorhersage, Störkopplungsvorhersage und Auswirkungen des Fehlerbetriebs beitragen wird. Die praktische Umsetzung der gewonnen Erkenntnisse wird in der aktuellen Förderperiode angestrebt.

 Verwertungsperspektive

Die gewonnen Erkenntnisse können in der störsicheren und gewichtsoptimierten Entwicklung von elektrischen und hybridelektrischen Antriebssträngen der zivilen und der militärischen Luftfahrt verwertet werden. Insbesondere die Erkenntnisse zum Zusammenspiel der Einzelkomponenten in der Systemebene bieten die Möglichkeit, Störpotentiale bereits in der Entwicklungsphase zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen frühzeitig mit entwickeln zu können.

  Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Stefan Dickmann

Kevin Krakow, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Institut für Grundlagen der Elektrotechnik

Fakultät für Elektrotechnik
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg

 

 

PEM-Brennstoffzellenentwicklung für Flugzeuganwendungen

 Motivation mit Zielsetzung

Die Entwicklung von PEM-Brennstoffzellen für Flugzeuganwendungen ist von großer Bedeutung, um den Herausforderungen in der Luftfahrtindustrie zu begegnen. Eine zentrale Motivation liegt in der Notwendigkeit, das Fliegen umweltfreundlicher und nachhaltiger zu gestalten. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Gewichtsreduzierung des Flugzeugs. Im Vergleich zu konventionellen Verbrennungsmotoren sind Brennstoffzellen leichter, was eine effizientere Kraftstoffnutzung ermöglicht. Das reduzierte Gesamtgewicht des Flugzeugs führt zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch und ermöglicht eine hohe Reichweite.
Obwohl die anfänglichen Kosten für die Entwicklung und Implementierung von Brennstoffzellen hoch sein können, werden langfristig niedrigere Betriebskosten erwartet. Zusätzlich können die über die Luftfahrt hinausgehenden Anwendungspotenziale und das wachsende Bewusstsein für umweltfreundliche Technologien die Investitionen in diese wegweisende Technologie rechtfertigen und vorantreiben.

 Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

PEM-Brennstoffzellen repräsentieren interdisziplinäre Technologien, bei denen die Arbeitsprinzipien Physik, Chemie und Elektrochemie in verschiedenen Bereichen integrieren. Infolgedessen wird ihre Entwicklung von vielfältigen Faktoren beeinflusst, die einzigartige Herausforderungen darstellen. Die Simulation und Modellierung dieser Systeme wird komplex, da die internen Prozesse innerhalb der Zellen, wie Strömungsmuster, Reaktionskinetik und Wassertransportmechanismen, nicht direkt beobachtet werden können. Die Verbesserung von PEM-Brennstoffzellen erfordert eine harmonische Verbindung von Theorie und Praxis, wobei die Stärken jeder Methode genutzt und ihre Einschränkungen ausgeglichen werden.
Um dies zu erreichen, ist es unerlässlich, Simulationen und Modellierungen dieser Systeme durchzuführen. Jedoch sind genaue Tests und Messungen auf dem Prüfstand notwendig, um die Brennstoffzelle vollständig zu charakterisieren und ihr Verhalten unter verschiedenen Betriebsbedingungen zu verstehen. Anhand der Testergebnisse kann das Brennstoffzellensystem simuliert und verbessert werden, indem intelligente und vorausschauende Steuerungsstrategien entwickelt werden, die die Gesamteffizienz des Systems verbessern sollen. Der anschließende Schritt beinhaltet die Überprüfung und Validierung der Simulationsergebnisse auf dem Prüfstand.
Das faszinierendste Element dieses Teilprojekts ist der Aufbau vollautomatisierter Teststände für PEM-Brennstoffzellensysteme und PEM-Brennstoffzellen-Stapel im Rahmen des Projekts ELAPSED. Diese Teststände sind aufgrund ihrer hohen Kosten und Komplexität selten und viele Forscher verlassen sich ausschließlich auf Simulationen ohne Validierung in der realen Welt. Mit dem Projekt ELAPSED besteht jedoch eine bemerkenswerte Möglichkeit, die Grenzen der Technologie zu erweitern und ein System zu entwickeln, das an vorderster Front des Fortschritts steht.

 Ergebnisse

Im Entwicklungsprozess von Brennstoffzellensystemen wurde als erster Schritt die Einrichtung einer Testbank für Brennstoffzellen und einer Wasserstoffproduktionseinheit geplant. Zwei vollautomatisierte Teststände für PEM-Brennstoffzellensysteme und Kurzstapel stehen zur Verfügung und werden derzeit installiert und in Betrieb genommen. Darüber hinaus werden PEM-Brennstoffzellensysteme und Stapel von PowerCell geliefert, einem weltweit bekannten Pionier und Lieferanten von PEM-Brennstoffzellen für verschiedene Anwendungen.

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Abbildung 1: Power train Modell

Parallel zur Vorbereitung der Prüfstände und Einrichtungen wurde ein Simulationsmodell entwickelt, das ein vereinfachtes Modell eines Hybridantriebs mit Flugzeuganwendung darstellt, bestehend aus einem Batteriepack und einem PEMFC-System. Mit Hilfe dieses Modells wurde gezeigt, dass die Brennstoffzellentechnologie in der Luftfahrtindustrie implementiert werden kann und konventionelle Strahltriebwerke ersetzen kann.

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Abbildung 2: Simulationsergebnisse

Für die verbleibende Zeit ist ein umfassendes Testprotokoll geplant, um den Brennstoffzellenstapel und das System gründlich zu charakterisieren. Anschließend werden die Charakterisierungsergebnisse in das Brennstoffzellenstapel-Simulationsmodell eingespeist, um ein präzises und genaues Modell zu erhalten. Durch das Vorhandensein eines genauen Modells des Brennstoffzellensystems wird eine vorhersagende und intelligente Steuerungsstrategie entwickelt und zuerst auf Simulationsebene getestet, bevor die Validierung der Simulationsergebnisse auf der Prüfstand erfolgt.

 Verwertungsperspektive

Insgesamt bieten PEM-Brennstoffzellen größte Potentiale für Antriebssyste in zivilen wie auch bei militärischen Luftfahrt. Ihre Effizienz, Umweltfreundlichkeit und der Beitrag zum technologischen Fortschritt machen sie zu einem Schlüsselelement für eine nachhaltige und verantwortungsbewusste Luftfahrtindustrie.

  Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. Christian Trapp

Mahdiye Khorasani, M.Sc. (wiss. Mitarbeiterin)

Arjun Vijay, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Marcel Teimel (techn. Mitarbeiter)

Institut für Fahrzeugantriebe

Fakultät für Maschinenbau
Universität der Bundeswehr München

 

 

Kühlung einer neuartigen elektrischen Maschine mit Stator-Flussbarrieren für Luftfahrtanwendungen

 Motivation mit Zielsetzung

Die steigende Nachfrage nach nachhaltigen und effizienten Transportmitteln hat das Interesse an elektrisch/hybridbetriebenen Flugzeugen geweckt. Ein erfolgreicher Einsatz dieser Flugzeuge erfordert fortschrittliche elektrische Maschinen mit höherer Leistungsdichte, Zuverlässigkeit und leichter Bauweise. Unser Projekt konzentriert sich auf eine kritische Herausforderung in der Konstruktion elektrischer Maschinen für Flugzeuge - die effiziente Kühlung. Ziel ist es, die Leistung, Zuverlässigkeit und Lebensdauer der elektrischen Maschinen zu verbessern und so zur Weiterentwicklung der elektrischen Luftfahrttechnologie beizutragen.
Der Lehrstuhl für elektrische Antriebe an der Universität der Bundeswehr München arbeitet derzeit an der Entwicklung einer innovativen elektrischen Maschine mit Statorflussbarrieren. Diese spezielle Topologie bietet eine Reihe von Vorteilen, darunter reduzierte Oberwellenverluste, höhere Leistungsdichten und ein verbessertes Wärmemanagement durch Verkürzung der Wärmewege und Vergrößerung der Kühlflächen. Das Hauptziel dieses Projekts besteht in der Modellierung und Auslegung eines effizienten und zuverlässigen Kühlsystems.

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Abbildung 1: Elektrische Maschine (links) mit Nahaufnahme der Flussbarriere (rechts)

 Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Elektrische Maschinen mit hoher Leistungsdichte werden derzeit mit Wasserkühlmänteln und Sprühölkühlung gekühlt, was jedoch zu größerer Komplexität, Gewichtszunahme und erhöhtem Wartungsaufwand durch zusätzliche Komponenten führt. Eine vielversprechende Alternative für Maschinen mit Statorflussbarrieren ist die Luftkühlung, die zusätzliche Kühloberflächen in der Nähe des Luftspalts bietet und somit das Wärmemanagement von Stator und Rotor verbessert. Durch die Integration passiver Wärmeübertragungstechnologien wie Heat Pipes kann in Kombination mit einer Luftkühlung die Wärme effizient abgeleitet werden. Die Temperaturen werden homogenisiert und die gesamte thermische Leistung verbessert ohne zusätzliche Komplexität und Gewicht der Wasserkühlung. Das Ziel des vorgeschlagenen Systems ist die Gewährleistung eines optimales Wärmemanagement unter allen Betriebsbedingungen.
In unserem Projekt ist die detaillierte Modellierung der elektrischen Maschine entscheidend für die Auslegung und Leistungsoptimierung. Mit Hilfe der numerischen Strömungsmechanik (engl.: Computational Fluid Dynamics, CFD) berechnen wir wichtige Parameter wie Wärmeübergangskoeffizienten und stationäres thermisches Verhalten des E-Motors. Dadurch erhalten wir ein tiefes Verständnis der thermischen Eigenschaften der Maschine und können eine effiziente Kühllösung entwickeln, die speziell auf unser Design zugeschnitten ist. Zusätzlich zur CFD-Analyse verwenden wir sogenannte „Lumped Parameter Thermal Networks“ (LPTN), um das instationäre Verhalten der Maschine während verschiedener Flugmissionen vorherzusagen. Unser Projekt erfordert die Bewertung des thermischen Verhaltens der Maschine in zwei Szenarien: einmal für maximale Reiseflugdauer und dann für eine bestimmte Anzahl von Touch-and-Go-Flügen.

 Ergebnisse

Unser Projekt hat Fortschritte bei der Entwicklung thermischer Modelle für elektrische Maschinen mit hoher Leistungsdichte erzielt. Wir haben ein konjugiertes CFD-Wärmeübertragungsmodell in ANSYS Fluent entwickelt, das die Wärmeleitfähigkeit von Verbundwerkstoffen und den thermischen Kontaktwiderstand der Maschine berücksichtigt. Mit diesen Modellen können wir das Verhalten der Maschine unter verschiedenen stationären Bedingungen vorhersagen. In Zusammenarbeit mit dem Institut für elektrische Antriebe haben wir ein stationäres Finite-Volumen-Modell in Verbindung mit elektromagnetischen Simulationen (ANSYS Maxwell) entwickelt. Durch diesen integrierten Ansatz können wir das lokale thermische Verhalten der Maschine unter Berücksichtigung der Position der Wärmeverluste umfassend analysieren.

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Abbildung 2: Hot-Spot-Bestimmung der Maschine bei geringer Kühlung (200 Pa Anströmdruck) (links) und verbesserter Kühlung (600 Pa) (rechts)

Darüber hinaus haben wir ein LPTN-Modell für die instationäre Analyse entwickelt und dabei die Auswirkungen der räumlichen Auflösung in axialer, radialer und tangentialer Richtung berücksichtigt, womit die Genauigkeit und Zuverlässigkeit unseres Modells im Vergleich zu den CFD-Simulationen im stationären Zustand bewertet wird. Um die Flexibilität unseres Modellierungsansatzes zu verbessern, haben wir außerdem ein spezielles Matlab/Simulink-Tool entwickelt. Mit diesem Tool können wir die axiale Diskretisierung des Modells ändern.
Die nächsten entscheidenden Schritte in unserem Projekt umfassen die Validierung unserer thermischen Modelle durch einen umfassenden Vergleich verschiedener Lastbedingungen und Transienten mit der im Bau befindlichen physischen Referenzmaschine. Dieser Validierungsprozess wird wiederum in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für elektrische Antriebe durchgeführt.
Basierend auf den Validierungsergebnissen werden wir kontinuierlich an unseren Modellen arbeiten, um eine höhere Genauigkeit und Präzision zu erzielen. Dieser iterative Prozess ermöglicht es uns, thermische Modelle zu entwickeln, die das Verhalten der realen elektrischen Maschine genau widerspiegeln und unser Verständnis ihrer thermischen Dynamik verbessern. Die validierten Modelle dienen als Grundlage für die Optimierung des Kühlsystems. Dabei werden wir verschiedene Rippenverteilungen und strategische Positionierung von Wärmerohren untersuchen, um die Kühleffizienz und die thermische Leistung der elektrischen Maschine zu maximieren. Diese Optimierung basiert auf den Erkenntnissen aus unseren detaillierten Modellierungen und experimentellen Validierungen. Letztendlich wird dies zu einem maßgeschneiderten Kühlsystem führen, das den Anforderungen verschiedener Flugmissionen und Betriebsbedingungen gerecht wird.

 Verwertungsperspektive

Die Entwicklung luftgekühlter elektrischer Maschinen mit Flussbarrierenstatoren bietet vielversprechende Anwendungen in zivilen und militärischen Bereichen. Sie können die Komplexität reduzieren und die Realisierbarkeit im Transportsektor verbessern. Im militärischen Bereich sind sie ideal für leichtgewichtige unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) geeignet, die auf Luftkühlung und passive Komponenten angewiesen sind.

  Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. habil. Lars Zigan

Andres Felipe Sanchez Porras, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Professur für Energiewandlung

Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik
Universität der Bundeswehr München

 

 

Elektrisch angetriebene Triebwerke für hohe Fluggeschwindigkeiten und große Flughöhen

 Motivation mit Zielsetzung

Elektrische Flugzeuge werden an ökonomischen und operativen Kriterien gemessen. Sowohl für zivile als auch militärische Einsatzszenarien spielt daher das Erreichen hoher Fluggeschwindigkeiten eine große Rolle. In Konzepten mit vollelektrischen Antrieben wurde bislang zumeist der Verbrennungsmotor eines konventionellen Propellerantriebstrangs durch einen Elektromotor ersetzt. Jedoch sind Propeller auf mittlere subsonische Fluggeschwindigkeiten begrenzt. Für die Schuberzeugung bei höheren Geschwindigkeiten sind eine bessere Ausnutzung des Strömungsaufstaus und damit eine Ummantelung des Propulsors erforderlich. Elektromotoren ermöglichen die Nutzung disruptiver Technologien, deren Einsatz mit Gasturbinen bislang zu komplex erschien. Große Potenziale bietet in diesem Kontext die gegenläufige Fanstufe. Neben einer erheblichen Erweiterung des Betriebsbereichs wird eine deutliche Effizienzsteigerung mit einem solchen Propulsor erwartet. Ein Ziel in Projekt ELAPSED ist daher die Auslegung, Entwicklung und Validierung gegenläufiger, elektrisch angetriebener und ummantelter Fantriebwerke. Dies schließt die Forschung an der Integration innovativer Technologien wie die Herstellung von CFK-Schaufeln und der Entwicklung einer adaptiven Spaltkontrolle zwischen rotierenden und feststehenden Bauteilen ein.

 Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Für die genannte Erweiterung des Betriebsbereichs ist ein ausrechend großes Totaldruckverhältnis über die Fanstufe des Propulsors erforderlich. Dieses ermöglicht ein kompaktes Triebwerkdesign und das Erzeugen des benötigten Schubes auch bei hohen Fluggeschwindigkeiten. Im Gegensatz zum einstufigen Propeller oder zur konventionellen Rotor-Stator-Konfiguration heutiger Fantriebwerke können durch gegenläufige Rotoren die Verluste durch eine Reduzierung des Restdralls in der Triebwerks-Abströmung minimiert und die übertragende Leistung über einen größeren Betriebsbereich optimiert werden. Das Drehzahlverhältnis der beiden von je einen Elektromotor angetriebenen Rotoren kann frei eingestellt werden. Möglich wird dadurch eine Reduktion der Schaufelbelastung bei konstantem Stufendruckverhältnis und dadurch eine Steigerung der Schubeffizienz oder eine Steigerung des erreichbaren Stufendruckverhältnisses für einen hohen pezifischen Schub. Der Betrieb wird sicherer, da sich der Abstand zur aerodynamischen Betriebsgrenze, der sogenannten Pumpgrenze, vergrößert.

Die geforderten hohen Leistungsdichten des Propulsors werden erst durch den Einsatz von Leichtbauweisen, wie einer CFK-Fanbeschaufelung, möglich. Diese stellt für Großtriebwerke bereits eine state-of-the-art Technologie dar, findet jedoch im universitären und forschungsintensiven Kontext aufgrund des erhöhten Fertigungsaufwandes bislang kaum Anwendung. Zur Steigerung der Übertragbarkeit von Forschungsergebnissen auf spätere Aplikationen wurde daher bereits durch Verknüpfung verschiedener innovativer Ansätze ein weniger aufwändiges Fertigungsverfahren für CFK-Fanblades entwickelt.

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Abbildung 1: Rotor mit CFK-Blades, CAD-Rendering (links) und am Institut für Aeronautical Engineering hergestellter CFK-Rotor (rechts)

Das Verfahren wurde bereits für die Herstellung eines ersten Rotors angewendent (s. Abbildung 1) und die Ergebnisse validiert, u.a. mittels Zugversuch. Ermöglicht wurde dies durch eine direkte Integration der für die Fertigung notwendigen CFK-Berechnungen in ein ebenfalls bereits im Projekt entwickeltes innovatives Auslegungstool für gegenläufige ummantelte Fantriebwerke. Dieses basiert nicht wie herkömmliche Tools auf der Implementierung empirischer Formulierungen zur Triebwerksberechnung, sondern integriert iterative CFD-Berechnungen. Dieser Ansatz konnte anhand verringerter Abweichungen zwischen den Auslegungszielen und tatsächlichen experimentellen Ergebnissen validiert werden (s. Abbildung 2).

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Abbildung 2: Vergleich der numerisch berechneten und experimentell Betriebspunkte für unterschiedliche Drehzahlen (schwarz gestrichelte Linien) und unterschiedliche Düsenstellungen Anoz.

Zur experimentellen Untersuchung wurde am Institut für Aeronautical Engineering ein Prüfstand für stationäre und Windkanaltests aufgebaut und mit unterschiedlichen Messtechniken ausgestattet. Speziell entwickelte und additiv gefertigte Sondensysteme sowie ein Particle-Image-Velocimetry (PIV) System kommen zur Untersuchung der Strömungsfelder zum Einsatz (s. Abbildung 3).

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Abbildung 3: Prüfstandssetup für PIV-Untersuchungen im Windkanal

Ein erstes  Referenztriebwerk zur Tool-Validierung sowie Demonstrationen der Funktionalität einzelner Komponenten wie dem CFK-Rotor wurde bereits ausgelegt und hergestellt. Dieses wird zur Forschung an weiteren innovativen Konzepten, wie z.B. zur aktiven Spaltaltung sowie einem Thermalmanagmentsystem mit CFK-Schaufeln, genutzt.

 Ergebnisse

Nach einer intensiven Validierung des CFD-basierten Auslegungstools anhand des Referenztriebwerks wird das Tool zur Auslegung und Betriebspunktberechnung des gegenläufigen Triebwerks genutzt. Für dieses wird numerisch insbesondere der Einfluss einer Anpassung des Drehzahlverhältnisses auf die Lage der Betriebsgrenzen untersucht. Das zu fertigende gegenläufige Triebwerk mit einem hohen Totaldruckverhältnis wird verschiedene, am Referenztriebwerk erprobte und validierte sowie im Nachgang nochmals optimierte Komponenten wie die CFK-Beschaufelung enthalten. Die bereits im Zuge der Validierung des Referenztriebwerks aufgebaute Messtechnik wie das PIV-System wird zur Validierung des Triebwerks, bspw. der Off-Design Optimierungen (Anpassung Drehzahlverhältnis), genutzt. Außerdem wird in das Referenztriebwerk ein System zur adaptiven Spalthaltung im Betrieb integriert und dieses validiert.

 Verwertungsperspektive

Die Entwicklung elektrischer Antriebssysteme für Luftfahrzeuge und Flugkörper für hohe subsonische Fluggeschwindigkeiten und Aufgaben mit hoher zeitlicher Priorität wie Transport von Medikamenten, biologische Proben und Notfallequipment sowie zur Aufklärung und Unterstützung der Sicherheitskräfte kann von den Ergebnisses dieses Projekts direkt profitieren.

  Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. habil. Andreas Hupfer

Sebastian Hawner, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Fabian Zach, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Dipl.-Ing. Niels Herter (wiss. Mitarbeiter)

Institut für Aeronautical Engineering

Fakultät für Maschinenbau
Universität der Bundeswehr München

 

 

Höhenprüfstand für elektrische Propulsoren und Kleintriebwerke

 Motivation mit Zielsetzung

Ein Schwerpunkt in der Entwicklung von Luftfahrtantrieben liegt schon immer in der Effizienzsteigerung. Einerseits kann durch einen höheren Wirkungsgrad der Kraftstoff- bzw. Energieverbrauch und damit der CO2-Ausstoß verringert werden. Zu diesem Zweck gibt es im Zuge der Energiewende und des Ziels eines klimaneutralen Luftverkehrs Bestrebungen, hybride oder vollelektrische Antriebe für den Einsatz in kleineren Luftfahrzeugen zu etablieren. Andererseits führt eine Reduktion des Energiebedarfs zu einer Reichweitensteigerung, die insbesondere für militärische Anwendungen von großem Interesse ist. In diesem Sektor spielen unbemannte Systeme mit elektrischen oder hybrid-elektrischen Antrieben eine immer wichtigere Rolle, womit auch die Entwicklung von Kleintriebwerken verstärkt in den Fokus gerät.

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Abbildung 1: Schematisches Konzept des Höhenprüfstandes am ISA

Sowohl im Bereich der elektrischen Antriebe als auch für Kleintriebwerke gibt es zivile und militärische Einsatzszenarien, für die das Erreichen einer hohen Fluggeschwindigkeit und -höhe von großer Relevanz ist. Um die Leistungsfähigkeit neuartiger Antriebssysteme für diese Anwendungen unter Flug- und Missionsbedingungen zu untersuchen, wird am Institut für Strahlantriebe (ISA) der UniBw M ein Höhenprüfstand für Kleintriebwerke und elektrische Propulsoren aufgebaut.

Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Während klassische Bodenprüfstände die Untersuchung eines Flugtriebwerks nur für den Bodenstandfall zulassen, kann in einem Höhenprüfstand der gesamte Betriebsbereich betrachtet werden. Um einen Flugzustand mit definierter Fluggeschwindigkeit und -höhe einstellen zu können, müssen bei gegebenem Massenstrom der Totaldruck und die Totaltemperatur am Triebwerkseintritt sowie der statische Druck am Triebwerksaustritt angepasst werden.
Höhenprüfstände, in welchen große Turbofan-Triebwerke und ihre Komponenten untersucht werden können, sind bspw. im Arnold Engineering Development Complex (Tennessee, USA), im NASA Glenn Research Center (Ohio, USA) oder am Institut für Luftfahrtantriebe (ILA) der Universität Stuttgart in Betrieb. Darüber hinaus gibt es neuere Anlagen für kleinere Triebwerke am National Research Council’s campus in Ottawa (Kanada) und am Korea Aerospace Research Institute in Taejon (Südkorea).
Der am Institut für Strahlantriebe konzipierte Höhenprüfstand wird Untersuchungen von rein elektrischen und hybrid-elektrischen und gasturbinenbasierten Triebwerken mit einem max. Massenstrom von 3 kg/s ermöglichen. Dabei werden Flughöhen zwischen 0 und 10 km sowie Fluggeschwindigkeiten von bis zu Ma = 0,9 eingestellt werden können. Hierbei soll der Prüfstand einerseits transiente Laständerungen des Prüflings erlauben und andererseits auch die Einflüsse instationärer Flugmanöver auf den Antrieb abbilden können. Aus diesen Anforderungen resultiert eine äußerst anspruchsvolle Anlagenregelung, da in einem Höhenprüfstand die Anlagenkomponenten und der Prüfling stark miteinander gekoppelt sind. Während transiente Triebwerksmanöver in vielen Höhenprüfständen durchgeführt werden können, stellt das Durchfahren von instationären Flugmanövern eine Seltenheit dar und ist, vor allem im betrachteten Leistungssegment, ein Alleinstellungsmerkmal. Zur Unterstützung der Entwicklung der Anlagenregelung wird eine echtzeitfähige Prüfstandssimulation (Digital Twin) erstellt, die zudem im Vorfeld von Versuchen eine Bewertung der Leistungsfähigkeit des Prüfstands im Betrieb mit spezifischen Versuchsträgern erlaubt.

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Abbildung 2: Schnittbild der Prüfkammer mit eingebautem Versuchsträger

Neben der Möglichkeit die Propulsoren im Höhenprüfstand unter Missionsaspekten testen zu können, ergibt sich auch ein weitreichendes Untersuchungspotential für weitere Sub-Komponenten in ELAPSED . Die Prüfkammer ist bspw. dazu geeignet, Komponenten der Leistungselektronik und Regler sowie Batterie- oder Brennstoffzellensysteme aufzunehmen und die Umweltbedingungen bei Höhenflug zu simulieren. Hieraus ergeben sich umfangreiche Validierungsmöglichkeiten für die Modelle dieser Subsysteme sowie deren Integration in die „Vernetzten Laborsysteme“. Umgekehrt soll mit den im Zuge von ELAPSED verfügbaren Kompetenzen der elektromagnetische Einfluss der Leistungselektronik des Propulsors auf die in der Prüfkammer verbaute Messtechnik evaluiert und damit die Eignung des Prüfstands für anspruchsvolle Untersuchungen an elektrischen Versuchsträgern nachgewiesen werden.

 Ergebnisse

Die Konzeptionierung des Höhenprüfstandes sieht einen Aufbau in drei Ausbaustufen vor. Die erste Ausbaustufe erlaubt zunächst eine statische Untersuchung von elektrischen Versuchsträgern und ist für die aktuelle Förderperiode geplant. Es wurde eine Prüfkammer konzipiert, in welcher der Versuchsträger betrieben wird und an deren Ein- und Austritt die Einstellung der Flugbedingungen erfolgt. Der notwendige Staudruck zur Abbildung des Bodenschnellflugs wird am Prüfstand über einen 2-stufigen Radialverdichter bereitgestellt. Wahlweise kann der Verdichter auch zum Absaugen der Luft aus der Prüfkammer eingesetzt werden, um Bedingungen von Flughöhen von bis zu 10 km nachzubilden. Die Totaltemperatur am Triebwerkseintritt wird in dieser Ausbaustufe mittels eines Vorkühlers konstant auf 20°C gehalten und der Temperatureinfluss in der Höhensimulation damit noch nicht berücksichtigt. Eine Variation der Reynoldszahl am Eintritt des Propulsors ist in dieser Ausbaustufe mittels einer Bypassregelung möglich.
In der zweiten Ausbaustufe erfolgt die Erweiterung des Prüfstands mit einem Lufttrockner und weiteren Wärmetauschern, womit die Totaltemperatur am Triebwerkseintritt auf bis zu -20°C abgesenkt werden kann. Außerdem wird ein Ejektorpumpensystem zur Luftabsaugung an der Prüfkammer installiert, um die Untersuchung von Triebwerken auf der Basis klassischer Verbrennungsprozesse zu ermöglichen. In der dritten Ausbaustufe erfolgt schließlich die Installation eines LN2-Wärmetauschers, mit dem die am Triebwerkseintritt geforderte Minimaltemperatur von -50°C eingestellt werden kann. Für alle Anlagenkomponenten der zweiten und dritten Ausbaustufe wurden bereits die Auslegung abgeschlossen und die für die Umsetzung notwendigen Partner und Lieferanten gefunden.

 Verwertungsperspektive

Es liegen Bewertungen der wehrtechnischen Dienststelle WTD 61 und von Industriepartnern zum ausgearbeiteten Höhenprüfstandskonzept vor, die das umfangreiche Beitragspotential der Anlage zu Technologie- und Produktentwicklungen aufzeigen. Zudem liegen bereits Anfragen zu Validierungstests für Turbogeneratorsysteme mit besonderem Augenmerk auf Brennkammerverhalten und Thermalmanagement vor.

 Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr.-Ing. Dragan Kozulovic

Dr.-Ing. Marcel Stößel (wiss. Mitarbeiter)

Hannes Probst, M. Sc. (wiss. Mitarbeiter)

René Pahlke (techn. Mitarbeiter)

Institut für Strahlantriebe

Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik
Universität der Bundeswehr München