Motivation mit Zielsetzung

Um Elektromotoren als Flugzeugantriebe zu qualifizieren, müssen sie sowohl in punkto Leistungsdichte als auch hinsichtlich ihrer Ausfallsicherheit höchsten Anforderungen gerecht werden. Die hohe Leistungsdichte von Permanentmagnet-Synchronmotoren kann, wie jüngste Entwicklungen des UniBwM-Lehrstuhls für Elektrische Antriebstechnik zeigen, durch Flussbarrieren im Statormaterial weiter gesteigert werden. Für die hochdynamische Regelung von Flugzeugmotoren wird ein echtzeitfähiges Modell benötigt, welches das Drehmoment berechnet, das ein solcher Motor ausübt. Die Lösung dieser, für Motoren mit Flussbarrieren bislang ungelösten, Aufgabe ist eine der Zielsetzungen des Teilprojekts.
Für Flugzeuganwendungen ist es essentiell, dass der Motor auch beim Ausfall einzelner Statorphasen noch ein konstantes Drehmoment – und damit Antriebsleistung – zur Verfügung stellen kann. Diese Anforderungen erfüllen Multiphasen-Motoren, deren Regelung jedoch besonders schwierig ist.
Entsprechend der beschriebenen Herausforderungen war - und ist - es Ziel des Teilprojektes, ein dynamisches Modell von Multiphasen-Elektromotoren mit Flussbarrieren zu entwickeln, das echtzeitfähig und damit für die hochdynamische Regelung dieser Antriebe einsetzbar ist. Weiterhin soll ein Regelungskonzept entwickelt und eingesetzt werden, das im fehlerfreien Fall einen hochperformanten und energieeffizienten Flugzeugantrieb gewährleistet. Im Fehlerfall, beispielsweise beim Ausfall von Statorphasen, soll sich die Regelung automatisch so umkonfigurieren, dass die Einbußen der Antriebsleistung minimiert und möglichst im Flugverhalten nicht spürbar werden.

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Abbildung 1: Aufbau und relevante Parameter des modellierten Elektromotors mit Flussbarrieren und Permanentmagneten (der Übersichtlichkeit halber ist hier ein Synchronmotor mit (nur) drei Phasen dargestellt)

 Stand von Wissenschaft und Technik mit Neuheit des Lösungsansatzes

Um das Drehmoment eines Elektromotors berechnen zu können, muss die magnetische Flussdichte im Luftspalt bekannt sein. Die numerische Bestimmung der Flussdichte über FEM-Simulationen ist zwar hochgenau, aber nicht echtzeitfähig und deshalb für die Regelung nicht geeignet. Daher wurde hier der Motor gedanklich in Teilgebiete (subdomains) aufgeteilt, in denen jeweils die Maxwellgleichungen der Magnetostatik samt Rand- und Anschlussbedingungen analytisch gelöst wurden. Diese sog. Subdomain-Modell-Methode gehört für einfache Motorgeometrien zum Stand der Wissenschaft, wurde hier aber für komplexere Antriebsgeometrien weiterentwickelt und auf Motoren mit Flussbarrieren erstmals erfolgreich angewendet.
Das entwickelte Modell wird in eine Regelungsarchitektur eingebettet, die dafür maßgeschneidert ist, einen optimierten Betrieb des Flugzeugantriebs zu gewährleisten und die Auswirkungen von Fehlern in jeder Flugphase zu kompensieren, so dass ein hochgradig fehlertolerantes Antriebssystem entsteht.
Beim Betrieb von Elektromotoren wird in der Literatur häufig im sog. „dq-System“ gearbeitet. Dieser Ansatz nimmt sinusförmige Größen (wie beispielsweise sinusförmig gewickelte Statorphasen) innerhalb des Elektromotors an. Insbesondere durch den Einsatz von Flussbarrieren im Stator ist dieser Ansatz jedoch hier nicht geeignet. Weiterhin sind durch die Annahme sinusförmiger Größen Grenzen gesetzt, was die Aussagekraft solcher Modelle im Falle auftretender Fehler angeht. Dadurch, dass im entwickelten Ansatz ein detailliertes, nicht auf idealisierten Annahmen beruhendes physikalisches Modell verwendet wird, ist auch bei auftretenden Fehlern im Motor eine modellbasierte Fehlerdiagnose und Regelung möglich.

 Ergebnisse

Im Rahmen der aktuellen Förderperiode wurde ein dynamisches Modell von Multiphasen-Elektromotoren mit Flussbarrieren entwickelt. Hierbei wurde zum einen auf eine hohe Recheneffizienz geachtet, um einen Echtzeitbetrieb zu ermöglichen, und zum anderen darauf, dass auftretende Fehler im Modell sichtbar und detailliert abgebildet werden. Darauf aufbauend wird aktuell ein Regelsystem entworfen, welches die Auswirkungen von Fehlern in jeder Flugphase kompensieren kann.
Weiterhin wird das entwickelte Modell auch zur Erkennung von Fehlern eingesetzt. Hierbei wird der Fokus insbesondere auf Fehler gelegt, welche nicht direkt von der Flugzeug-internen Sensorik erfasst werden können.
Nach Abschluss der Entwicklung des gesamten fehlertoleranten Regelsystems ist die experimentelle Untersuchung und Validierung auf einem Motorprüfstand in Planung.

 Verwertungsperspektive

Aufgrund ihrer hohen Leistungsdichte und Ausfallsicherheit sind Multiphasen-Elektromotoren mit Flussbarrieren in besonderer Weise für den Einsatz in bemannten und unbemannten Flugzeugen geeignet. Die im Rahmen des Teilprojekts entwickelte fehlertolerante und hochperformante Regelung bringt diese vorteilhaften Eigenschaften erst zur vollen Geltung.

  Ansprechpartner und am Projekt beteiligte Mitarbeiter

Prof. Dr. rer. nat. habil. Claus Hillermeier

Martin Ackermann, M.Sc. (wiss. Mitarbeiter)

Professur für Automatisierungs- und Regelungstechnik

Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Universität der Bundeswehr München