Workshop Industrie 4.0 und organisationaler Wandel

11 Juli 2018

Am 6. Juni fand an der Universität der Bundeswehr München  im Rahmen des Interreg-Projekts „Innopeer AVM“ ein Workshop zum Thema „Industrie 4.0 und organisationaler Wandel“ statt. Gastgeber für die dreißig internationalen Teilnehmer aus Wissenschaft und Praxis waren Professor Dr. Stephan Kaiser & Dr. Georg Loscher (Fakultät Wirtschafts- und Organisationwissenschaften, Professur für Personalmanagement und Organisation).

 „Dystopien und Utopien einer digitalen Zukunft der industriellen Arbeit überzeichnen zwar die Effekte des Wandels, pfadabhängige Szenarien zukünftiger Formen der Arbeit deuten aber dennoch auf eine Polarisierung der zukünftigen Arbeitswelt hin“, so Professor Dr. Hartmut Hirsch-Kreinsen von der Technischen Universität Dortmund. Sein Vortrag war Teil des Workshops „Industrie 4.0 und organisationaler Wandel, der durch die Professor Dr. Stephan Kaiser und Dr. Georg Loscher im Rahmen des Interreg Central Europe Projekts „Innopeer AVM“ am 6.6.2018 veranstaltet wurde. Die circa dreißig Teilnehmer kamen aus Österreich, Italien, Ungarn, Polen und Deutschland, aber vertraten ebenso diverse Organisationen (mittelständische Unternehmen, Cluster, Verbände, Beratungsunternehmen, Technologieinstitute und Business-Schools).

Nach der Begrüßung der Gäste durch Professor Kaiser und einem kurzen Überblick über einen Forschungsschwerpunkt an der Professur für Personalmanagement und Organisation, der aus dem Hans-Böckler Stiftungsprojekt „Mitbestimmung 4.0“, dem BMBF-Projekt „Digitrain“ und dem Interreg CE Projekt „Innopeer AVM“ besteht.

Die Ziele und ersten Arbeitsergebnisse des Projekts „InnoPeer AVM“ stellten Frau Eva Breuer (Business Upper Austria) und Dr. Georg Loscher (UniBw) vor. Zentrales Anliegen des Projekts ist es, Stärken und Schwächen Mitteleuropas im Bereich der drei Industrie 4.0 Wissensdimensionen Geschäftsmodellinnovation, Personal/Organisation sowie Technologie zu identifizieren. Die Transformation durch Industrie 4.0 als Label für das Zusammenspiel zahlreicher technologischer Grundlageninnovationen kann nur erfolgreich sein, wenn Unternehmen ihre Strategien anpassen und einen Fit zwischen Umweltherausforderungen und den passenden Strategien, Geschäftsmodellen, Produktions- und Managementsystemen herstellen. Vor diesem Hintergrund soll einerseits eine Fortbildung für Manager in kleinen und mitteständischen Unternehmen entstehen, die Manager dabei unterstützt ihre Unternehmen in die Industrie 4.0 zu transformieren, andererseits sollen Empfehlungen für regionale Strategien (z.B.: Cluster) zur Unterstützung dieser Transformation entwickelt werden.

Diesen Punkt der erfolgreichen Transformation griff Professor Dr. Hartmut Hirsch-Kreinsen von der Technischen Universität Dortmund auf und beschrieb vier Szenarien der Transformation von Arbeit durch die Industrie 4.0. Die vier Szenarien Automation, Polarisierung, Up-grading und Entgrenzung sind dabei nicht als technischer Determinismus zu verstehen, sondern Ergebnis eines bewussten menschgemachten Design-Projekts. Gerade aber bei dieser Gestaltbarkeit der Transformation, tun sich jedoch KMU schwer, da es ihnen an Zeit, Ressourcen und Know-how fehlt, aber auch grundlegende Skepsis gegenüber diesem Wandel besteht. Professor Hirsch-Kreinsen plädierte für die wichtige Rolle des Personalmanagements als Gestalter des Wandels und betonte, dass Industrie 4.0 eine Reindustrialisierung ermöglicht und viele positive Aspekte für Arbeit aufweist, wenn die Industrie 4.0 als gesellschaftliche und soziale Gestaltungsaufgabe begriffen wird.

Haymo Spiegel, Leiter des Centers for Industry 4.0 bei dem international Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen, stellte Szenarien zukünftiger Geschäftsmodelle vor. Daten seien das neue Gold, so Spiegel, und vollkommen neue Geschäftsmodelle denkbar, zum Beispiel wüssten theoretisch wenige Unternehmen so genau über das weltweite Wetter Bescheid wie Automobilhersteller. In seinem Vortrag verwies er aber auch auf die hohe Bedeutung rechtlicher und steuerlicher Thematiken für eine erfolgreiche Transformation von Geschäftsmodellen in die Industrie 4.0. Diese stellen dennoch oft den Knackpunkt für die erfolgreiche Realisierung eines neuen Geschäftsmodells dar. Deloitte hat vier Szenarien für die Zukunft deutscher Unternehmen im Jahr 2030 entwickelt: Integrated Platform Provider, Copycat, Master Combiners und Specialized Frontrunners. Diese Szenarien haben alle eins gemein: Arbeit wird sich flexibler, automatisierter und datengetriebener gestalten und die Umbrüche sind so rasant, dass die Regulatorik hier nicht Schritt halten kann.

Nach der Kaffee- und Kommunikationspause griff Frau Doris Tröbs (Tröbs! Interim Management) diese Gedanken auf und illustrierte die alltäglichen Probleme im Personalbereich kleiner und mittelständischer Unternehmen. Diese seien zwar stark an Zukunftsthemen interessiert, es fehle jedoch an einem wirkungsvollen Personalmanagement, das den Wandel begleite. Oft herrsche neben einer stark papierbasierten Büroorganisation aber auch eine Anwesenheitskultur. Frau Tröbs plädierte dafür, dass es gerade die Basisthemen des Personalmanagements seien, die im kleinen Mittelstand noch wenig genutzt werden.

Im Anschluss entfaltete sich eine lebhafte Diskussion zwischen Publikum und den drei Experten. Alle Teilnehmer konnten für ihre tägliche Arbeit wichtige Impulse mitnehmen. Zu dem Ziel des Projekts „Innopeer AVM“ Teilnehmer aus verschiedenen Ländern und Branchen zu vernetzen sowie Diskussionen über die Zukunft von Industrie 4.0 anzuregen, konnte die Veranstaltung gut beitragen.