Wie schaffen wir es, uns auch in der Isolation miteinander verbunden zu fühlen?

24 April 2020

Prof. Merle Fairhurst über das Teilen von gemeinsamen Erfahrungen während der sozialen Distanzierung

Als soziale Wesen vernetzen wir uns miteinander und teilen unsere Welt mit den Anderen. Dabei sind wir auf unsere Sinne angewiesen: Wir hören und sehen, wie jemand Kaffee einschenkt, fühlen, wie diese Person uns die warme Tasse reicht, dann riechen und schmecken wir das Getränk. Es ist Ihnen bestimmt schon aufgefallen, dass wir unsere Welt normalerweise auf eine multisensorische Art miteinander teilen, so dass jetzt, in einer von Skype, Zoom und sonstigen digitalen Kommunikationsmitteln dominierten Zeit, etwas eindeutig zu fehlen scheint. Wie können wir es also schaffen, in einer Welt der anhaltenden sozialen Distanzierung eine Verbindung zueinander zu empfinden?

In ihrem neulich erschienenen Artikel diskutieren Prof. Merle Fairhurst und ihre Kollegen von der LMU München, wie wir mehrere Sinne auf einmal benutzen, um uns zusammen mit den Dingen und Ereignissen in unserer gemeinsamen Umgebung zu befassen. Stellen Sie sich etwa ein Beispiel vor: Jemand tippt Sie auf die Schulter, sagt Ihren Namen, zeigt auf etwas und richtet den Blick darauf, um Ihre Aufmerksamkeit auf etwas Interessantes zu lenken, was Sie noch nicht bemerkt haben konnten. Doch wie können wir es unter den Bedingungen der Pandemie, mitten in einem sozialen Leben, das fast vollkommen virtuell ist, wirklich fühlen, eine gemeinsame Erfahrung zu teilen? „Versuchen Sie bei Ihrem nächsten Zoom-Anruf, über Dinge um Sie herum zu sprechen, lassen Sie die andere Person eine Tasse Tee einschenken und beschreiben Sie diese Erfahrung. Es scheint, dass wir in den vergangenen Osterfeiertagen, als so viele Menschen zusammen gekocht und gegessen haben, instinktiv begriffen haben, dass wir mehr miteinander teilen müssen, obwohl die Möglichkeiten dazu begrenzt sind.“

Ein anderes Beispiel dafür, wie Menschen das Beste aus der Isolation machen, sind die in den sozialen Medien viral verbreiteten Videos des gemeinsamen Musizierens. Viele erfolgreiche Amateure sowie professionelle Musikgruppen nehmen ihre Partien getrennt auf und teilen die zusammengefügten Ergebnisse. Gleichzeitige Körperbewegungen, etwa beim Sport oder beim Musizieren, gelten als „sozialer Klebestoff“ und dies ist ein Beispiel von deren virtueller Anwendung. Doch ob es sich für die Akteure genauso anfühlt? Und ob es sich für das Publikum genauso gut anhört? Zwar wird Musik in Studios seit den 1950ern aufgezeichnet, laut einiger Daten aber erscheint das Erleben von Live-Auftritten für die Zuhörer viel faszinierender. Prof. Fairhurst und ihre Kollegen resümieren aufgrund ihrer detaillierten Analyse der Vorteile der Synchronisierung in ihrem neulich erschienenem Artikel: Eine andere Möglichkeit, unter den Bedingungen der sozialen Isolation Erlebnisse miteinander zu teilen, ist zu musizieren – ob alleine oder mit Anderen.

 

HOW CAN WE FEEL MORE CONNECTED DURING LOCK DOWN

As a social species, we connect with and share our world with others. To do this, we depend on our senses; hearing and seeing someone pouring coffee, having them pass us that warm cup and then smelling and tasting its contents. What you may have noticed is that we normally share the world with others in a multisensory way and something seems to be missing in this time of Zoom, Skype and the like. So how can we feel more connected in a world with sustained physical distancing? 

In a recent article (link), Prof. Merle Fairhurst and colleagues from the LMU Munich discuss how we use several senses to jointly attend to something in our shared environment. For example, someone taps us on the shoulder and says our name then points and shifts their eye gaze to show us something interesting we may have not yet noticed. But in light of the current pandemic, and a social existence that is almost entirely virtual, how do we truly feel we are sharing the same experience? “In your next Zoom call, try to talk about objects around you, have the person on the other side of the screen also pour a cup of tea and describe the experience. With so many people cooking and eating together over the recent spring break, it seems we instinctively have understood that we need to somehow share more despite the limited ways in which to do so.”

Another example of how people are making the most of lockdown is the many examples going viral on social media of music making with others; many successful amateur and professional groups have recorded their parts sequentially and have shared the sum of the parts. Moving our bodies together in time, for example in sports or music, has been said to act as a “social glue” and here we see a way in which we can do so virtually. But does it feel the same for the players? And does it sound as good to those listening? Obviously, recording artists in the studio have done so since the 50s but some data suggests the experience of a live performance engages us more. So the other option available to us during lockdown is to simply make music either by ourselves or with those around us, with the benefits of synchronising detailed in this recent article by Prof. Fairhurst and colleagues.

Text: Prof. Merle Fairhurst; deutsche Übersetzung: Olga Lantukhova; Bild: Andrea Piacquadio/Pexels