Kulturgeschichte der Gewalt
Arbeit an der Erfahrung – Zum deutschen Weg aus der kriegsgesellschaftlichen Moderne 1943-1949
Anders als in England oder Frankreich, wo der Erste Weltkrieg die entscheidende Zäsur für die zivilgesellschaftliche Transformation darstellt, ist es in Deutschland der Zweite Weltkrieg, der zu einem grundlegenden Struktur- und Mentalitätswandel führt. Erst an seinem Ende bricht die deutsche Gesellschaft mit den Mobilisierungsystemen des Heroismus und Bellizismus und erst durch seinen Ausgang beginnt sie, jenes Selbstverständnis zu entwickeln, das uneingeschränkt auf Zivilität, Integration und Kooperation ausgerichtet ist. Der Vortrag blickt daher auf das Ende des Zweiten Weltkrieges und zeichnet nach, wie es der deutschen Gesellschaft in dieser Phase des Übergangs gelang, Krieg und Gewalt loszuwerden und ein ziviles Selbstverständnis auf den Weg zu bringen.
Dr. Leonhard Birnbacher ist Autor des Buchs "Arbeit an der Erfahrung. Zum deutschen Weg aus der kriegsgesellschaftlichen Moderne 1943-1949" (Weilerswist, 2020) und wissenschaftlicher Referent am Deutschen Jugendinstitut im Projekt "Bildung und Demokratie mit den Jüngsten".
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Gewalt betrifft uns, wenngleich sie im Alltag manchmal sehr weit weg zu sein scheint. Sie schockiert und fasziniert, wenn sie uns in den Nachrichten, in der Kunst oder im eigenen Leben begegnet. Schlachten, Eroberungskriege, Sklaverei, Folter, Vertreibung und Massaker lassen uns erschauern. Die Bibel und die berühmtesten, rührendsten Texte der Literaturgeschichte erschüttern mit eindrücklichen Gewaltszenen. Doch bleiben brutales menschliches Handeln und Erleiden schwer zu erfassen. Umso mehr muss sich die Kulturgeschichte mit dem komplexen Phänomen der Gewalt auseinandersetzen.
Jenseits der großen Debatten darüber, ob unsere Welt insgesamt friedlicher geworden ist oder die Gewalt als anthropologische Konstante unser Zusammenleben stets mitbestimmt, sind Gewalt und ihre Beobachtung bzw. Deutung in unterschiedlichsten Disziplinen Thema. Die Neue Militärgeschichte, aber auch die Körper-, Emotions- und Erfahrungsgeschichte setzen sich in diesem Zusammenhang intensiv mit soziologischen, anthropologischen, psychologischen oder philosophischen Gewalttheorien auseinander. Konkrete Akteure und Ereignisse, Wahrnehmungen, das Erzählen und die Verarbeitung von Gewalt, schließlich auch kollektive Erinnerungskulturen werden so neu in den Blick genommen.
Anknüpfend an den erfolgreichen Auftakt unserer Vortragsreihe stellen wir auch im neuen akademischen Jahr die Frage: Welche Rolle spielte Gewalt in historischen Gesellschaften – und welchen Bezug hat Gewaltgeschichte zu unserer Gegenwart? Kurz: Was ist eine Kulturgeschichte der Gewalt?
Programm
Mittwoch, 16. Februar 2022, 11:30 - 12:30 Uhr
Dr. Leonhard Birnbacher (Deutsches Jugendinstitut, München)
Arbeit an der Erfahrung – Zum deutschen Weg aus der kriegsgesellschaftlichen Moderne 1943-1949
Mittwoch, 16. März 2022, 11:30 - 12:30 Uhr
Dr. Marie Muschalek (Universität Konstanz)
Die Landespolizei in Deutsch-Südwestafrika: Kulturen alltäglicher Gewalt im kolonialen Kontext
Kontakt
Dr. Anke Fischer-Kattner
anke.kattner@unibw.de
Anmeldung
Die Vortragsreihe findet online via Zoom statt. Mit Ihrer Anmeldung erhalten Sie die Zugangsdaten zum Zoom-Meeting per E-Mail.