Wie das Handy unterwegs für den richtigen Kurs sorgen kann

24 März 2021

Inzwischen nutzen 3,8 Milliarden Menschen ein Smartphone. Das entspricht knapp der Hälfte der Weltbevölkerung. 77 Prozent von ihnen verwenden ihr Smartphone auch für Navigations- und Positionierungszwecke.

Basierend auf einem Marktbericht (PDF-Download, 17 MB) der European Global Navigation Satellite Systems Agency (GSA), werden 90 Prozent der GNSS- Empfänger (Empfänger für globale Navigationssatellitensysteme) für Smartphones und Wearables (kleine, vernetzte Computer, die am Körper getragen werden) eingesetzt. Die Milliarden Nutzer lassen keinen Zweifel daran, dass die Smartphones somit den größten und den am schnellsten wachsenden Marktanteil an diesen Empfängern darstellen.

In den vergangenen vier Jahren wurden weltweit zahlreiche neue Modellansätze und Algorithmen für Smartphone-Anwendungen entwickelt, um die Positionierungsgenauigkeit der Smartphones zu verbessern. Insgesamt wurden bisher mehr als 1.000 Forschungsarbeiten und mehr als 200 Android-Anwendungen veröffentlicht, die sich auf den GNSS-Bereich für Smartphones konzentrieren.

Forschungsaktivitäten zur Verbesserung der Smartphone-Positionierung

Das Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung (ISTA), das in das Forschungszentrum SPACE der Universität der Bundeswehr München integriert ist, hat sich ständig an den Forschungsaktivitäten zur Verbesserung der Smartphone-Positionierung beteiligt. Zuletzt im Rahmen des vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geleiteten Projekts „Real-time Kinematic am Mobiltelefon“ (RAMBO). Bei RTK (Real-time Kinematic) handelt es sich um ein Verfahren zur präzisen Bestimmung von Positionskoordinaten mit Methoden der Satellitennavigation. Die Satellitennavigation ist einer der wissenschaftlichen Schwerpunkte von SPACE, mit Forschung in den Bereichen Luftfahrt, Sicherung kritischer Infrastrukturen, Fälschungssicherheit von Galileo-Signalen sowie Navigationssysteme und Software-Radio-Technologie. Im Rahmen des Projekts „RAMBO“ wurde eine Applikation (GNSS/IMU-Logger) erstellt, welche es erlaubt die Rohdaten des im Smartphone verbauten GNSS-Chips in verschiedenen Formaten aufzuzeichnen. Die Android-App war zudem die erste ihrer Art, die auch synchron die Daten der IMU im Smartphone aufzeichnet. Die IMU (Inertial Measurement Unit; deutsch: inertiale Messeinheit) ist ein Verbund aus Drehraten und Beschleunigungssensoren, mit deren Hilfe die Positionslösung verbessert werden kann. Die IMU ist u. a. dafür zuständig, dass das Display am Handy automatisch gedreht wird oder der Schrittzähler funktioniert.

Positionen mit Zentimetergenauigkeit anzeigen

Darüber hinaus wurden neuartige Techniken zur Unterdrückung von Mehrwegeeffekten vorgestellt wie z.B. die Platzierung des Smartphones auf einem speziellen Antennenuntersatz, der sogenannten Choke-Ring-Plattform oder die Montage des Smartphones auf einem unbemannten Luftfahrzeug (UAV). Mehrwegeeffekte treten vor allem in urbanen Gebieten auf, in denen die GNSS-Signale reflektiert werden und damit die Messungen verfälschen. Gerade in engen Tälern und Hochhausschluchten kann es zu diesen Reflektionen kommen. Im Forschungsprojekt wurde u.a. gezeigt, dass heutige Smartphones unter Laborbedingungen bereits Positionen mit Zentimetergenauigkeit liefern können. Dabei wurden auch die technischen Einschränkungen quantifiziert, die in der aktuellen Hardware und Software bestehen, um diese Genauigkeiten auch dem normalen Nutzer bieten zu können.

Eine exemplarische Nutzung dieser Genauigkeiten und die Fortführung der Forschungsarbeit findet gerade im Projekt Ghosthunter 2 statt. Dort sollen Geisterfahrer auf Autobahnen mit Smartphones verlässlich ausfindig gemacht und gewarnt werden.

Professur für Satellitennavigation an der UniBw M

Das Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung (ISTA) gliedert sich in die Professuren für Raumfahrttechnik, für Satellitennavigation und für Satellitenbetrieb. Die Forschungsschwerpunkte der Professur für Satellitennavigation, an dem dieses Forschungsthema stattfand, reichen vom Signaldesign für GNSS über die Entwicklung von GNSS-Empfängern bis hin zur Sensor-Fusion verschiedenster Sensoren für eine präzise Positionierung. Rund 20 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Doktorandinnen und Doktoranden sind für den Forschungs- und Lehrbetrieb unter der Führung von Prof. Thomas Pany zuständig.

 


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Weitere Informationen zum Forschungszentrum SPACE und seinen Forschungsschwerpunkten finden Sie auf der Website des Forschungszentrums >>


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