Wasserknappheit: Mit welchen Auswirkungen müssen wir rechnen?

9 August 2022

Dürren wird es im Sommer in Deutschland in Zukunft immer öfter geben. Damit wird es auch zu Trinkwasserknappheit kommen. Um dies zu verhindern sind vor allem Maßnahmen der Politik gefragt.

Ein Interview mit Prof. Andreas Malcherek, Professur für Hydromechanik und Wasserbau


Prof. Malcherek, in den Medien ist zu lesen, dass Osnabrück eine der deutschen Städte ist, in denen jetzt die Wasserentnahme für z. B. Bewässerung limitiert wird. Gibt es auch in anderen Regionen Deutschlands bereits Grund zur Sorge?

Ja, Grund zur Sorge besteht im Prinzip in ganz Deutschland, aber derzeit insbesondere in den östlichen Bundesländern. Diese sind schon immer etwas trockener gewesen und jetzt haben wir in Sachsen-Anhalt und Brandenburg, aber auch im Norden Bayerns große Wasserknappheit, die dazu führt, dass die Grundwasserstände immer weiter absinken.


Grundwasserstände sinken und auch Flüsse wie der Rhein führen Niedrigwasser, was die Natur und auch die Schifffahrt und somit die Wirtschaft beeinträchtigt. Welche Gefahren birgt das genau?

Genau, unter anderem ist die Schifffahrt beeinträchtigt, die wir im Moment auch wieder dafür brauchen, Kohlekraftwerke mit Kohle zu versorgen.

Die geringeren Wassertiefen in den Flüssen führen auch dazu, dass sich die unteren Bereiche mehr erwärmen – Sie alle werden das kennen, wenn Sie in einem See baden, ist was Wasser an der Oberfläche recht warm und weiter unten eher kalt. Wenn also ein Fluss eine geringere Wassertiefe hat, hat er auch in den tieferen Bereichen eine höhere Temperatur und das ist mit einem geringeren Sauerstoffgehalt verbunden. Das heißt, die Fische haben größere Probleme, Sauerstoff zu bekommen und können dadurch sterben.

Ein anderes Problem ist, dass viele Kraftwerke, die an Flüssen gelegen sind, Kühlwasser benötigen. Wenn der Wasserstand zu gering ist, können sie kein Kühlwasser mehr entnehmen und nicht richtig betrieben werden.

Das sind nur ein paar der Probleme, die mit Niedrigwasser in den Flüssen verbunden sind.


Was können wir auf der öffentlichen Seite tun, um die Trockenheit zu verringern?

Das Wichtigste ist es, Flächenversiegelung aktiv zu bekämpfen. Das ist meist nicht unbedingt im Interesse von Städten und Gemeinden, denn die wollen neue Wohn- oder Industriegebiete ausweisen um zu wachsen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Aber die Flächenversiegelung ist das große Problem im Wasserhaushalt. Denn das Wasser, das auf versiegelte Flächen wie Parkplätze oder Wohngebiete regnet, geht direkt in die Kanalisation und dann direkt in die Flüsse. Das führt auf der einen Seite bei Starkregen zu Hochwasser, dem ersten Problem, und auf der anderen Seite steht dieses Wasser nicht dem Grundwasser zur Verfügung, das ist das zweite Problem. Es gibt auf diesen Flächen also keine Grundwasserneubildung, die Grundwasserstände sinken ab und es kommt zu Trockenheit in den Flächen. Wir müssten also eigentlich wesentlich weniger unserer Flächen für die Bebauung nutzen um dieses Problem zu bekämpfen.

Die zweite Maßnahme, die die öffentliche Hand erreichen müsste, wäre es Aufforstung von Flächen zu fördern. Denn viel Trockenheit kommt dadurch zustande, dass Niederschläge, die vom Meer kommen, das Binnenland gar nicht erreichen können. Sie regnen sich im Inland ab und da die Vegetation fehlt um wieder Verdunstung anzuregen und neue Wolken weiter zu transportieren, kommt der Regen nicht weiter. Ein Beispiel, bei dem es bisher noch ganz gut funktioniert ist der Amazonasregenwald. Dort regnet es an der Atlantikküste, der Wald nimmt die Feuchtigkeit auf und verdunstet das Wasser zu neuen Regenwolken die ins Inland getragen werden, so geht es immer weiter bis hin zu den Anden auf der anderen Seite des Kontinents. So ist das gesamte Amazonas-Gebiet ein Feuchtgebiet. Das ist das Vorbild wie Niederschlag und Verdunstung funktionieren und zu Feuchtigkeit im Land führen.


Leider sind die Verhinderung der Flächenversiegelung und die Aufforstung ja keine schnellen Maßnahmen, was bleiben noch für Möglichkeiten? Welche Art von Wassernutzung müsste als erstes eingespart werden? Hilft es kürzer zu duschen?

Wenn ich da an die private Nutzung denke, möchte ich eigentlich keine Vorgaben machen, was eingespart werden sollte, denn das sollte jeder privat für sich regeln. Es ist natürlich klar, dass wenn man eine Minute weniger duscht, auch weniger Wasser verbraucht wird. Das muss aber wirklich jeder selbst entscheiden.

Was mir wichtig ist, ist zu sagen, dass eine Preisgestaltung durch die kommunale Wasserversorgung anzustreben ist, die den geringeren Verbrauch bevorzugt. Es gibt oftmals Tarife, die sagen, je mehr du verbrauchst, umso geringer wird dein Preis, also eine Art Mengenrabatt, wie man ihn aus dem Handel allgemein kennt. Dadurch wird derjenige belohnt, der mehr verbraucht – das geht gar nicht. Mit zunehmendem Verbrauch müssen die Wasserkosten steigen und bei geringerem Verbrauch müssten die einzelnen Haushalte belohnt werden. Dazu müsste man sich ein System ausdenken, das große Familien oder Häuser mit vielen Bewohnern tariflich anders behandelt als Einzelne. Man müsste einen Grundverbrauch nach den gemeldeten Personen pro Haushalt festlegen, der ziemlich niedrig ist und je mehr dann verbraucht wird, desto höher die Kosten. Aber jetzt zu sagen „Duscht weniger“ oder so etwas halte ich für Unsinn.


Titelbild: Niedrigwasser des Rheins mit dem Stadtbild von Düsseldorf vom August 2018 (© gettimages/AL-Travelpicture)