NutriSafe – Lebensmittelsicherheit durch Blockchain

4 Februar 2020

Mit dem Forschungsprojekt NutriSafe an der Professur für Wirtschaftsinformatik sollen Produktion und Logistik in der Lebensmitteltechnologie sicherer werden.

Die sichere Versorgung der Bürger mit Lebensmitteln ist essenziell für die Sicherheit der Zivilgesellschaft. Leere Regale im Supermarkt – ein Szenario, das sich niemand vorstellen möchte. In der heutigen globalisierten Welt kommen Lebensmittel wie Milch und Butter vielleicht aus der Region, doch andere Produkte finden aus ganz Europa zu uns, Früchte und Kaffee sogar aus der ganzen Welt. Ernteausfälle oder Zwischenfälle in der Produktion können weitreichende Folgen haben. Je länger der Transportweg und je mehr Akteure im Herstellungsprozess, desto wichtiger ist die lückenlose Nachvollziehbarkeit der Wertschöpfungskette.

Akteure in der Lebensmittelproduktion auf neue Art verbinden, das ist das Ziel eines Forschungsprojektes von Prof. Ulrike Lechner und Florian Stocker vom Institut für Schutz und Sicherheit an der Fakultät für Informatik an der Universität der Bundeswehr München. Mithilfe der Blockchain-Technologie soll ein Datenmodell entwickelt werden, das die vollständige Nachverfolgung von Herstellung, Produktion, Verpackung und Transport von Lebensmitteln ermöglicht. Das Forschungsprojekt NutriSafe ist ein bilaterales deutsch-österreichisches Forschungsvorhaben der zivilen Sicherheit. Das Projekt wird in Deutschland vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und in Österreich vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie gefördert.

Schutz kritischer Infrastruktur in Produktion und Logistik

Immer wieder wird über Rückrufaktionen von verunreinigten Lebensmitteln oder gar handfesten Lebensmittelskandalen in den Medien berichtet. Sobald bekannt wird, dass an einer Stelle der Wertschöpfungskette ein Problem besteht oder bestanden hat, muss nachvollzogen werden können, welche Produkte genau betroffen sind, wohin diese geliefert wurden und wer sie möglicherweise gekauft hat. Ein Prozess, der aufgrund nicht-einheitlicher Dokumentation und fehlender Verknüpfung der Akteure viel Zeit in Anspruch nimmt. „Im schlimmsten Fall dauert das so lange, bis das Problem gegessen ist“, stellt Prof. Lechner fest. Doch so humorvoll diese Beschreibung auch ist, zum Lachen ist dieser Zustand keineswegs. Eine der größten Herausforderungen derzeit ist es, eine globale Wertschöpfungskette im Digitalzeitalter zu schützen. Dazu passt auch die Feststellung der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Julia Klöckner bei ihrer Eröffnungsrede der Internationalen Grünen Woche 2020, die gerade in Berlin zu Ende ging: „(Die) Sehnsucht nach einem Idyll vormoderner Landwirtschaft ist in Zeiten digitaler Umbrüche zwar nachvollziehbar. Aber die Orientierung an dem, was früher war, ist nicht die Lösung. Denn unsere Landwirtschaft ist Teil der Moderne.“1 Neue Technologien ermöglichen hier eine schnellere Reaktion auf Störungen.

Auf Basis der Distributed-Ledger-Technologie (diese wird für die Dokumentation bestimmter Transaktionen benutzt) wird im Projekt eine Blockchain-Infrastruktur entwickelt, mit der zielgerichtet Wertschöpfungsketten mit Produktion und Logistik auf neue Art und Weise aufgebaut werden können. Diese Infrastruktur soll auf drei verschiedenen Gebieten Anwendung finden: Information der Kunden über die Herkunft und den Transportweg ihres Lebensmittels, Rückverfolgung aller Bestandteile des Lebensmittels über Transport und Zwischenhändler bis zum Erzeuger sowie schnelle und effiziente Hilfe bei Krisenfällen.

Wertschöpfungsketten für jedermann nachvollziehbar machen

Das Projekt soll eine möglichst einfach strukturierte Anwendung entwickeln, die neuen Technologien sollen kompatibel mit tradierten Informationssystemen sein und so klassische Datenbanken oder andere betriebliche Informationssysteme integrieren können.

In der idealen Vorstellung von Prof. Lechner und ihrem Team wird der Verbraucher künftig im Geschäft oder direkt auf der Verpackung eines Lebensmittels einen Code zum Scannen mit dem Smartphone vorfinden. Hinter diesem Code verbergen sich dann detaillierte Informationen über den Weg des Produktes. So kann dem Interesse der Konsumenten am Herstellungsprozess und der Herkunft ihrer Lebensmittel Rechnung getragen werden.

NutriSafe forscht exemplarisch für den Anwendungsbereich Lebensmittelproduktion und -logistik. Doch nicht nur bei der Lebensmittelsicherheit wird das hier entwickelte System hilfreich sein. Die Forschungsresultate sind für andere Anwendungsbereiche anwendbar, in denen viele Systeme verbunden werden, deren Informationen besonderen Cyberrisiken ausgesetzt sind und in denen Integrität von Informationen wesentlich ist. Die Ergebnisse von NutriSafe helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und die technische Infrastruktur, die neuen, resilienteren Prozesse und neue Geschäftsmodelle für einen Anwendungsfall zu entwickeln.

Weitere Informationen zu diesem Forschungsprojekt und allen Partnern finden Sie unter www.nutrisafe.de

 

1 Rede der Ministerin vom 16.01.2020, vgl.: https://www.gruenewoche.de/Presse/Pressemitteilungen/News_72340.html?referrer=/de/Presse/Pressemitteilungen/#news-de-72340


Titelbild: Hier wird die Transportkette von Lebensmitteln vom Erzeuger über die Logistik bis hin zum Supermarkt auf dem Bildschirm und mithilfe eines Demonstrators aus Lego-Steinen dargestellt (© Universität der Bundeswehr München/Siebold)