Visionen für die Raumfahrt

19 März 2018

Im März 2018 besuchte Brigadegeneral Dr.-Ing. e.h. Thomas Reiter im Rahmen des Kolloquiums „Aeronautical Engineering“ wieder einmal seine ehemalige Universität. In seinem Vortrag berichtete er unter anderem über die astronautische und robotische Raumfahrt sowie ihre Errungenschaften und ihre weitere mögliche Entwicklung.
 
Der Physikhörsaal der Universität der Bundeswehr München war sehr gut besucht – hauptsächlich von Studierenden der Studiengänge „Aeronautical Engineering“ und „Luft- und Raumfahrtechnik“. „Luft- und Raumfahrttechnik“ hat auch Brigadegeneral Thomas Reiter, ausgebildeter Kampf- und Testpilot und heutiger Koordinator und Berater des Generaldirektors der Europäischen Weltraumorganisation ESA an der Universität der Bundeswehr München studiert. Seit 2010 ist er Ehrendoktor der Fakultät. In seinem Vortrag präsentierte er unter anderem Videoaufnahmen von seinen verschiedenen Raketenstarts, den Andockvorgang an die ISS sowie eine Tour quer durch seine ehemalige Raumstation.

 „Tatsächlich, sie ist rund!“

Vor seinem ersten Ausflug ins Weltall kannte Reiter die Schwerelosigkeit nur aus den Parabelflügen im Rahmen seiner Vorbereitungen. Bei diesen Flügen wird die Schwerelosigkeit simuliert, hört allerdings nach kurzer Zeit wieder auf – nicht so wie im Weltraum. „Da geht es nach 25 Sekunden Schwerelosigkeit weiter“, erklärte er. Dort sähe man dann auch das erste Mal beim Blick aus dem Fenster irgendeine Küstenlinie an sich vorbeiziehen, sähe die besondere Form der Erde und stelle fest: „Tatsächlich, sie ist rund!“

Reiter war insgesamt 350 Tage im All und ist damit der erfahrenste europäische Astronaut. Die kommerzielle Entwicklung von Weltraumreisen kommentierte er wie folgt: „Ich wünsche mir eigentlich – eher morgen als übermorgen – dass möglichst viele Menschen einmal Gelegenheit haben, unseren Planeten aus dieser anderen Perspektive zu sehen.“ Das sei etwas, das einen ein Leben lang begleite und auch die Sicht auf viele Dinge verändere, die unten auf der Erde geschehen.

 Wann gelingt die Reise zum Mars?

Der Unternehmer Elon Musk hat seine Vision verkündet, schon Mitte des nächsten Jahrzehnts Menschen zum Mars bringen zu wollen. Auf die Frage wie realistisch dies sei, antwortete Reiter: „Bis man Menschen zum Mars bringen kann, sind noch einige Nüsse zu knacken.“ Die Visionen von Musk seien bemerkenswert, lobte er den Unternehmer, jedoch dürften die physikalischen Gegebenheiten nicht außer Acht gelassen werden. Der Schutz gegen kosmische Strahlung sei noch ein großes Problem. Denn bei einer Mission, die heute ungefähr zweieinhalb Jahre dauern würde, wären die Insassen zu lange einer sehr starken Strahlung ausgesetzt. Bleiplatten wären als Schutz zu schwer, daher bräuchte es noch eine Alternative aus leichteren Materialien.

 Jupitermond im nächsten Jahrzehnt unbemannt erreichbar

Eine weitere Herausforderung langer Missionen stelle die Wasserregeneration dar, so Reiter: Auf der Raumstation ISS liegt diese heute bereits bei 70%. Für eine Marsmission müssten über 90% des Wassers wieder aufbereitet werden können. Bis der erste Mensch den Mars betritt, wird es noch mindestens bis zum Jahr 2030 dauern, schätzt Reiter. Die NASA bereitet für das Ende des nächsten Jahrzehnts eine Mission zum Jupitermond „Europa“ vor, die allerdings selbst vollautomatisiert eine Herausforderung darstellt. Aufgrund der enormen Strahlungen dort, sei es heute noch unvorstellbar, einen Menschen auf den Jupitermond zu schicken, erklärte Thomas Reiter zum Abschluss des Gastvortrags an „seiner“ ehemaligen Universität.

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